Neue Technologien und Digitalisierung in der Arbeitswelt

Neue Technologien und Digitalisierung in der Arbeitswelt

Begriffe wie ''Arbeit 4.0'' oder ''Industrie 4.0'' sind in aller Munde. Doch wo bleibt der Mensch

in diesem technologisch getriebenen Wandel der Arbeitswelt?

Wie verändern sich Arbeitskontext, Arbeitsorganisation, Arbeitsinhalte und damit die Arbeitsbelastung?

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Assoziiert mit Schlagworten wie dem Internet der Dinge, Picot (2013) beschreibt vier Stufen des technologischen Fort Arbeit 4.0 oder Industrie 4.0 gibt es mittlerweile eine Viel- schritts in der modernen Gesellschaft (genannt industrielle zahl an Einschätzungen, Thinktanks und Prognosen über den Revolutionen). Die erste industrielle Revolution begann Ende Wandel aufgrund fortschreitender Digitalisierung der Arbeit des 18. Jahrhunderts durch die Einführung mechanischer Pro - hauptsächlich aus volkswirtschaftlicher oder arbeitssozio- duktionsanlagen mithilfe von Wasser- und Dampfkraft. Die logischer Perspektive. Die resultierenden Berichte befassen zweite industrielle Revolution begann Ende des 19. Jahrhun sich vorrangig mit gesellschaftlichen Prozessen und reißen derts mit der Verfügbarkeit elektrischer Energie und der dadurch die Folgen für Arbeitsprozesse meist nur an. Zudem werden möglichen Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion. Durch in aller Regel Prognosen und damit nur Spekulation über zu- den Einsatz von (digitaler) Elektronik und Informationstechno künftige Entwicklungen gegeben. logie begann in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die dritte industrielle Revolution, die eine weitere Automatisierung der Die Digitalisierung birgt aber für den einzelnen arbeitenden Produktion zur Folge hatte. Als vierte industrielle Revolution Menschen ganz konkrete Chancen und Risiken. Einerseits könn- wird die Entwicklung sog. cyberphysischer Systeme bezeichnet ten Menschen durch die Automatisierung von nicht menschen- (zur Einordnung der vier Stufen, siehe Abbildung 1). Um Verän gerechten Anforderungen entlastet werden, es könnten sich für derungen in den unterschiedlichsten Wirtschafts- und Gesell sie Qualifikationsanforderungen im Sinne eines Lernens im schaftsbereichen durch die Digitalisierung und Vernetzung zu Tun ergeben oder sie könnten bei selbstbestimmten Möglich- beschreiben, werden verschiedene Begriffe benutzt, die nach keiten der zeitlichen und örtlichen Verfügbarkeit für Arbeit eine folgend kurz erläutert werden sollen. verbesserte Work-Life-Balance erleben. Andererseits könnten Ar beitsinhalte und Arbeitsplätze verloren gehen. Zum Beispiel kön- Cyberphysische Systeme (CPS) nen durch vermehrte Arbeitsteilung, die u. a. die Arbeitskoordina- Die meisten Prozessoren arbeiten nicht mehr in Personalcom tion Computern überträgt, Tätigkeiten partialisiert und damit putern, sondern sind in ein sie umgebendes technisches System u. a. monotoner und stressender werden. Bei fremdbestimmten eingebettet (Cascio und Montealegre, 2016, Siemers, 2012) und zeitlichen und örtlichen Flexibilitätsanforderungen kann eine stehen mit diesem in Wechselwirkung (sog. Embedded Sys Entgrenzung von Arbeit in den Nichtarbeitsbereich stattfinden. tems, z.B. Antiblockiersystem im Auto). Sie haben dort Steue rungs- und Regelungsfunktionen (z.B. Abstandskontrolle zum Aktuell werden komplexe technische Systeme und Technologien vorausfahrenden Fahrzeug und ggf. automatisches Bremsen), aus Sicht technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit entwi- Überwachungsfunktionen (z.B. Überwachung der Herzfre ckelt. Dies birgt die Gefahr, dass die daraus resultierenden An- quenz und Alarm bei Überschreitung bestimmter Werte) und forderungen an die verbliebenen menschlichen Tätigkeiten nur werden für die Verarbeitung von Signalen und Daten einge noch Restfunktionen sind, die seitens der Technik nicht oder nur setzt. Dafür stehen diese Prozessoren mit Informationstechnik teuer ausführbar sind. Das Verhältnis von Technik und Arbeit war (z.B. Sensoren, Speicher), mechanischen Komponenten (z.B. aber weder in der Vergangenheit, noch ist es in der Zukunft be- Greifarme, Bremsen) und Software in Verbindung. Sie sind so dingungslos vorgegeben, sondern muss aktiv mitbestimmt wer- wohl in Arbeitsmittel als auch in Arbeitsgegenstände einge den. Welche Arbeitsanteile vom Menschen und welche von der baut. So entstehen Systeme, die die physische Welt und die digitalisierten, vernetzten Technik übernommen werden sollen, virtuelle (Cyber-)Welt verbinden, sog. cyberphysische Systeme kann dabei weder allein von dem, was technisch möglich ist, (Siemers, 2012). CPS können also eigenständig Informationen noch von dem, was wirtschaftlich vorteilhaft ist, beantwortet austauschen, Aktionen auslösen, sich gegenseitig steuern und werden. Entscheidend sind die Auswirkungen auf den Men- damit vormals als spezifisch menschlich bezeichnete geistige schen. Dabei sollte das Ziel eine lern- und gesundheitsfördernde Funktionen übernehmen (Botthof und Hartmann, 2015, Hacker, Arbeitsgestaltung sein, die es dem Menschen erlaubt, sich anzu- 2016). Die Vernetzung von CPS untereinander und/oder mit passen, weiterzuentwickeln und dabei gesund zu bleiben. Computern wird auch als das Internet der Dinge bezeichnet. Industrie 4.0 miteinander vernetzt (z.B. alle Bereiche der Infrastruktur, der Der Begriff Industrie 4.0 wurde von der Promotoreng

ruppe Verwaltung, der Medizin, der Industrie und Landwirtschaft). Kommunikation der Forschungsunion Wirtschaft - Wissen- Dies verändert entsprechend auch die Arbeitsinhalte und die schaft (2013) eingeführt und bezieht sich auf die Informati- Organisation der Arbeit und führt zu neuen Formen von Ar sierung der klassischen Industrien (Botthof, 2015, S. 3). Die beitsverhältnissen. Verwendung der Zahl 4.0 bezieht sich auf die vierte indust rielle Revolution (cyberphysische Systeme) und die in der Die zuletzt genannten Auswirkungen auf die Arbeitswelt Softwareentwicklung übliche Benennung von neuen Pro- werden meist unter dem Begriff Arbeit 4.0 diskutiert grammversionen. (ASMK-Arbeitsgruppe Arbeit 4.0, 2016). Konkret liegt der Schwerpunkt der Diskussionen auf der Art und Weise zukünf Digitalisierung tiger Arbeit in der sich digital verändernden Welt und den Der Begriff Digitalisierung meint im wörtlichen Sinne die notwendigen Anpassungsprozessen (z.B. durch gesamtge Umwandlung analoger Informationen in eine digitale Form, sellschaftliche Regelungen, veränderte Qualifizierungsanfor damit Computerprogramme die Informationen verarbeiten derungen und -möglichkeiten, sozialpolitische Regelungen, können. Meistens aber wird als Digitalisierung (manchmal Arbeitsrechtsverhältnisse). auch digitale Revolution) der Wandel der Industriegesell schaft zur Informationsgesellschaft bezeichnet und als sog. Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über bereits be Megatrend (Naisbitt, 1982) kategorisiert. Digitalisierung be- stehende und zukünftig absehbare Veränderungen der Arbeit dingt gesellschaftliche Transformationsprozesse, da sie tech- durch die Digitalisierung und dadurch entstehende Heraus nische Prozesse und Technologien, die Verfügbarkeit von In- forderungen an die Arbeitsgestaltung. Dabei werden die Be formationen und Wissen sowie organisationale Prozesse im griffe Digitalisierung der Arbeit und Arbeit 4.0 synonym ver wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben verändert und wendet. Künstliche Intelligenz (KI) Von grundlegender Bedeutung ist die Unterscheidung von Der Begriff der künstlichen Intelligenz ist aufgrund der vielen bezahlter Arbeit (Erwerbsarbeit) und unbezahlter Arbeit. In Fachdisziplinen, die sich aus ihrer jeweiligen Perspektive da- modernen Gesellschaften spielt die Erwerbsarbeit eine zent mit beschäftigen, nur schwer übergreifend zu definieren (für rale Rolle, da ihr eine fundamentale Bedeutung für die indi einen Überblick siehe z.B. Bringsjord und Govindarajulu, 2018). viduelle Lebensgestaltung zukommt. Jedoch sind auch viel Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Fachdiszipli- fältige Formen unbezahlter Arbeit essenziell, so insbesondere nen besteht darin, dass KI entweder darin bestehen kann, die Haus- und Familienarbeit, das ehrenamtliche Engage Maschinen zu befähigen, intelligent zu agieren (sog. schwa- ment, die häusliche Pflegearbeit oder die unentgeltlich er che KI). Zum Teil (aber umstritten) wird davon ausgegangen, brachte künstlerische Tätigkeit. Nicht monetäre Motive ste dass es möglich ist, dass diese Aktionen echte Intelligenz hen bei unbezahlter Arbeit im Vordergrund, sind aber auch in (sog. starke KI) sein können (Searle, Dennett und Chalmers, vielen Formen der Erwerbsarbeit bedeutsam. Dennoch lässt 1998). Intelligent zu agieren bedeutet sehr verallgemeinert, sich sagen, dass die Erwerbsarbeit für einen Großteil der Be dass Maschinen sich wie Menschen verhalten können. Sie völkerung die entscheidende, weil der kontinuierlichen Da können also Aufgaben lösen, die vom Menschen Intelligenz seinssicherung dienende Einkommenschance darstellt. Ne erfordern. Spezifischer formuliert bedeutet intelligentes ben dieser Hauptfunktion (Gelderwerb) hat Arbeit auch Agieren, dass Maschinensysteme in der Lage sind, Informa- wichtige Nebenfunktionen (Jahoda, 1981, siehe Tabelle 1). tionen zu verarbeiten, Handlungen zu planen und Entschei- So verlangt die Erwerbsarbeit nach regelmäßiger Aktivität

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