Arbeitsplatzbezogene Grundbildung (Handlungsempfehlung)

Arbeitsplatzbezogene Grundbildung (Handlungsempfehlung)

Diese Handlungsempfehlung richtet sich an Personalexperten,

die sich über das Thema der arbeitsplatzbezogenen Grundbildung informieren wollen.

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Arbeitsplatzbezogene Grundbildung für An- und Ungelernte Warum lohnt sich die Förderung von Grundbildung bei Geringqualifizierten? Erkennen von Grundbildungsdefiziten im betrieblichen Alltag. Ermittlung des konkreten Weiterbildungsbedarfs. Kriterien der Auswahl und Planung geeigneter Weiterbildungsangebote. Weiterbildungsträger Empfehlungen zur Durchführung von gelungenen Grundbildungsangeboten. Erfolgsmessung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits mit geringen Grundkompetenzen in das Berufsleben einsteigen, holen diese im Laufe der Zeit nicht automatisch nach. Ihre Einsatzmöglichkeiten im späteren Berufsleben sind von vornherein eingeschränkt. Eine ausreichende Grundbildung - dazu zählen die Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeit, der Umgang mit dem Computer und soziale und personale Kompetenzen ist die Voraussetzung dafür, dass Beschäftigte die ständigen Veränderungen am Arbeitsplatz bewältigen oder neue und zum Teil anspruchsvollere Aufgaben übernehmen können. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle: Nach einer Untersuchung der Universität Hamburg sind von den insgesamt 7,5 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die nicht richtig lesen und schreiben können, immerhin 4,3 Millionen erwerbstätig. Insbesondere Ihre an- und ungelernten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten hier betroffen sein. So verfügen laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln fast 45 Prozent aller erwerbstätigen An- und Ungelernten nur über eine sehr geringe Lesekompetenz. Zielgruppe sind bei Ihnen beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht ausreichend lesen, schreiben oder rechnen können bzw. die nicht in genügendem Maße über weitere Grundbildungskompetenzen, wie zum Beispiel den Umgang mit dem PC oder Sozial- oder Lernkompetenzen, verfügen. Die Beschäftigungsfähigkeit dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann dadurch erheblich eingeschränkt sein. Daher lohnt es sich, die arbeitsplatzbezogene Grundbildung Ihrer Geringqualifizierten zu überprüfen und bei Bedarf zu fördern. Diese kann dazu beitragen, die Arbeitsfähigkeit Ihrer Beschäftigten zu verbessern. Auch fachliche Weiterbildungen, zum Beispiel Teilqualifizierungen, die im Mittelpunkt der Handlungsempfehlung zur Qualifizierung von An- und Ungelernten stehen, können nicht problemlos durchgeführt werden, wenn die dafür notwendigen Grundvoraussetzungen bei den in Frage kommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht ausreichen. Arbeitsplatznahe Grundbildungsförderung setzt somit niedrigschwelliger an als fachbezogene Nach- oder Teilqualifizierungen und sichert die Beschäftigungsfähigkeit von geringqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die vorliegende Handlungsempfehlung zeigt Ihnen, wie Sie mögliche Grundbildungsdefizite bei An- und Ungelernten in Ihrem Unternehmen erkennen können, und bietet Praxistipps zur Gestaltung von passgenauen Qualifizierungsmaßnahmen zur arbeitsplatzbezogenen Grundbildung. Hinzu kommt, dass die vorhandenen Schwächen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht direkt offensichtlich und nicht automatisch mit einem fehlenden Schul- oder Berufsabschluss in Verbindung zu bringen sind: Die Betroffenen entwickeln im Laufe der Berufstätigkeit Vermeidungsstrategien, damit Vorgesetzte und Kolleginnen und Kollegen ihre Grundbildungsdefizite nicht sofort erkennen. Beschäftigte geben beispielsweise vor, ihre Brille vergessen zu haben, wenn sie ein Formular ausfüllen sollen, oder schriftliche Nachrichten sind sehr fehlerbelastet und kaum zu entziffern. Das kann so weit gehen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Aufgaben ablehnen, da die Tätigkeiten höhere Anforderungen an die Schriftsprache mit sich bringen würden. Wenn Sie drei oder mehr der Fragen des folgenden betrieblichen Grundbildungs-Checks bejahen, könnte es sinnvoll sein, den Qualifizierungsbedarf eines Angebots zur arbeitsplatzbezogenen Grundbildung in Ihrem Unternehmen zu überdenken: Betrieblicher Grundbildungs-Check 3. Warum lohnt sich die Förderung von Grundbildung bei Geringqualifizierten? Für Ihr Unternehmen kann es verschiedene Vorteile haben, Ihrem an- und ungelernten Personal bei entsprechendem Bedarf eine arbeitsplatzbezogene Grundbildung zu ermöglichen: Kommunikation und Problemlösefähigkeiten verbessern: Wenn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitsplatzrelevante schriftliche Nachrichten, wie zum Beispiel Arbeitsanweisungen, verstehen, führt dies zu einer besseren Kommunikation. Missverständnisse zwischen den Kolleginnen und Kollegen, aber auch gegenüber Kundinnen und Kunden können vermieden werden. Aufgabenbewältigung optimieren: Ihre Beschäftigten müssen keine Energie mehr zur Verheimlichung ihrer Defizite aufwenden, sondern können sich voll auf den Arbeitsalltag konzentrieren. Dadurch werden Aufgaben effektiver bearbeitet, und Zeitvorgaben können besser eingehalten werden. Fehler reduzieren und Qualität steigern: Wenn weniger Fehler bei der Auftragsbearbeit

ung oder bei der Bedienung von Maschinen gemacht werden, verbessert sich die Qualität und Produktivität der Arbeitsergebnisse. Beschäftigungsfähigkeit sichern: Viele Geringqualifizierte sind durch negative Erfahrungen aus der Schule lernentwöhnt. Eine erfolgreiche Teilnahme an Grundbildungsangeboten weckt die Lust auf weiteres Lernen. Dadurch erhöht sich die Motivation und Flexibilität der Beschäftigten. Sie werden so in die Lage versetzt, neue beziehungsweise auch anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen. Arbeitssicherheit gewährleisten: Durch Grundbildungsangebote können Sie erreichen, dass Sicherheitshinweise, -vorschriften und -schilder von allen verstanden und Gefahrenpotenziale stärker wahrgenommen werden. Dadurch reduzieren sich Arbeitsunfälle. Soziales Engagement zeigen und Unternehmensimage fördern: Indem Sie Grundbildungsmaßnahmen umsetzen, zeigen Sie Ihren verantwortungsvollen Umgang besonders mit Geringqualifizierten und unterstützen die positive Wahrnehmung Ihres Unternehmens in der Öffentlichkeit. Die meisten betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen möchten in der Regel ihre Lese-, Schreib- und Rechenschwäche nicht offenlegen. Daher sollten Sie mit dem Tabu-Thema ''mangelnde Grundbildung'' sensibel umgehen - sowohl bei der Ansprache der Betroffenen (siehe Kapitel 5.3) als auch bei der Vorstellung und Verbreitung des Angebots im Unternehmen. Wichtig ist es deshalb, zunächst die unterschiedlichen Schlüsselpersonen im Unternehmen, wie zum Beispiel Führungskräfte, Personen der Betriebsleitung, Vorarbeiterinnen und Vorarbeiter oder Mitglieder des Betriebsrats, über das Phänomen zu informieren. Entscheiden Sie sich dann für die Durchführung eines Grundbildungsangebots, sollten Sie vertrauensvoll mit den Informationen und Anmeldedaten umgehen. Fingerspitzengefühl ist zudem für die Bezeichnung des Weiterbildungsangebots notwendig: Wählen Sie positive Bezeichnungen, die die Grundbildungsdefizite ''tarnen'', wie zum Beispiel ''Lesen und Schreiben mit dem PC'' oder ''Sicherheitsvorschriften besser verstehen''. Schließlich sollten Sie wegen der Zielgruppe für Grundbildungsangebote, bei der Schichtdienste typisch sind, von vornherein eine flexible bedarfsgerechte Zeitgestaltung berücksichtigen. Darüber hinaus zeigen Erfahrungen, dass die Freiwilligkeit der Teilnahme eine geringere Fluktuation mit sich bringt und dass praxisbezogene sowie abwechslungsreiche Methoden (u.a. Einsatz von authentischen Materialien des jeweiligen Arbeitsplatzes, Wechsel von Einzel- und Gruppenarbeit, Integration von E-Learning-/Online-LearningPhasen) die größten Erfolge erzielen. Über die Durchführung von Weiterbildungsangeboten für betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinaus hat sich die generelle betriebliche Strategie als vorteilhaft erwiesen, alle schriftlichen Dokumente in leicht verständlicher Sprache zugänglich zu machen. Dies gilt nicht nur für die im Unternehmen beschäftigten Geringqualifizierten, sondern auch für Ihre Kundinnen und Kunden. Schon allein die Beschäftigung mit dem Thema der mangelnden Grundbildung von Erwerbstätigen und der Entschluss, schriftliche Informationsmaterialien in Zukunft in klarem, einfachem und verständlichem Deutsch zu formulieren, erweist sich als nutzbringend. 5.1 Erkennen von Grundbildungsdefiziten im betrieblichen Alltag Spezifische Verhaltensweisen Ihrer Beschäftigten können darauf hinweisen, dass Probleme mit dem Lesen, Schreiben oder Rechnen vorliegen. In der Regel werden diese Verhaltensweisen nicht unmittelbar mit einem vorhandenen Grundbildungsproblem in Verbindung gebracht, können aber Indikatoren dafür sein. Prüfen Sie bei Bedarf in Absprache mit Schlüsselpersonen in Unternehmen beispielsweise, ob die folgenden Situationen vorgekommen sind. Vermeidung von Lese- und Schreibsituationen: Wenn Anweisungen zu lesen bzw. Formulare oder Ähnliches auszufüllen sind, weicht die oder der Betroffene mit unterschiedlichen Erklärungen aus, wie zum Beispiel: Die jeweilige Person fragt häufig Kolleginnen oder Kollegen um Hilfe bei einfachen Aufgaben, die mit der Schriftsprache in Verbindung stehen, oder gibt entsprechende Aufgaben an diese weiter. Fehlerhafte und unverständliche schriftliche Unterlagen: Stundenprotokolle, Notizen, Sätze sind häufig äußerst fehlerhaft, unverständlich oder unleserlich, der Wortschatz eingeschränkt. Die Unterschrift unterscheidet sich von der übrigen Schrift des Briefes, der möglicherweise von einer anderen Person geschrieben wurde, sie und er ''malt'' die Unterschrift oder hat motorische Probleme beim Schreiben, die Schrift wirkt unleserlich, ungewöhnlich, wie selbst entwickelt. Die und der Betroffene versteht Texte, zum Beispiel Anweisungen, falsch oder gar nicht. Vermeidung von neuen oder unsicheren Situationen: Situationen, die von den Routine-Arbeitsabläufen abweichen, werden vermieden. Bei Arbeitseinsätzen an unbekannten Orten meldet sich die Mitarbeiterin und d

er Mitarbeiter krank. Weiterbildungsangebote oder Informationsveranstaltungen werden nicht angenommen oder sogar attraktive Karriereschritte abgelehnt. Bei der Einführung neuer Maschinen und Technologien oder einem Wechsel des Aufgabenbereichs werden Probleme deutlich, mit diesen Veränderungen der Arbeitsprozesse zurechtzukommen. Fehlende Reaktion auf schriftliche Bitten oder Einladungen: Die und der Betroffene gibt angeforderte schriftliche Unterlagen oder Nachweise (zu) spät oder gar nicht ab, reagiert nicht auf schriftlich erfolgte Einladungen oder erscheint wiederholt nicht zu schriftlich angekündigten Terminen möglicherweise mit der nachträglichen Erklärung, die Post oder E-Mail sei nicht angekommen. 5.2 Ermittlung des konkreten Weiterbildungsbedarfs Sind bei einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Grundbildungsdefizite erkennbar, sollte ein passendes Weiterbildungsangebot erstellt werden. Dazu ist es zunächst erforderlich, die Grundbildungsanforderungen des Arbeitsplatzes der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genauer zu ermitteln. Dazu sollten die Erfahrungen von Schlüsselpersonen im Unternehmen, die Kontakte zu den Betroffenen haben bzw. mit ihnen zusammenarbeiten - etwa Vorgesetzte, Personalverantwortliche, Vorarbeiterinnen und Vorarbeiter oder Mitglieder des Betriebsrats - miteinbezogen werden. Eine umfassendere Bestandsaufnahme der Grundbildungsanforderungen eines Arbeitsplatzes in Ihrem Unternehmen bietet eine vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln entwickelte Checkliste. Auf dieser Grundlage können Sie die Inhalte der benötigten Weiterbildungsmaßnahme passgenau bestimmen. In der Handlungsempfehlung zur Unternehmensstrukturanalyse erhalten Sie zudem allgemeine Informationen für eine Bedarfsanalyse. Als Instrumente zur Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs eignen sich beispielsweise vorhandene Arbeitsplatzbeschreibungen und -analysen oder auch Betriebsbegehungen. Schriftliche Checklisten zur Bedarfsanalyse sind praktische und schnell zu bearbeitende Hilfsmittel. Die folgende Übersicht listet exemplarisch einige unterschiedliche Anwendungssituationen im Unternehmen auf, bei denen Schwächen mit der Schriftsprache problematisch für die Arbeitsabläufe werden können. Welche dieser Aktivitäten wenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie häufig am Arbeitsplatz an? Anwendung von Grundbildungskompetenzen am Arbeitsplatz Wenn Ihnen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Grundbildungsdefizite aufgefallen sind und Sie diese Personen für eine Weiterbildungsmaßnahme gewinnen wollen, ist es wichtig, vertraulich und wertschätzend mit den Betroffenen umzugehen. Bereits bei der Ansprache können einige Verhaltensweisen vorteilhaft sein. Insbesondere Betroffene mit langjähriger Berufserfahrung haben schon viele Aufgaben am Arbeitsplatz bewältigt. Da sie ihre Schwächen im Lesen, Schreiben oder Rechnen bislang verbergen konnten, müssen sie für eine Teilnahme an einem Grundbildungsangebot zum Teil große Hemmschwellen überwinden. Daher ist eine persönliche Ansprache sehr wichtig. Schließlich sind schriftliche Informationen für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwer zugänglich. Außerdem können die oft negativen zurückliegenden Lernerfahrungen ein sehr belastendes Problem darstellen. Vor diesem Hintergrund ist die sensible Vorgehensweise und Ansprache bei dem Tabu-Thema entscheidend. Folgende Verhaltensweisen bei der Ansprache der Betroffenen sollten Sie berücksichtigen: Wählen Sie einen angenehmen Gesprächsrahmen, behandeln Sie Informationen vertraulich, und gewährleisten Sie möglichst Anonymität, das heißt, der Anlass des Gesprächs sollte für Kolleginnen und Kollegen nicht direkt erkennbar sein. Das Gespräch sollte in einem Büro bei geschlossener Tür stattfinden. Nutzen Sie am besten konkrete Schreib- oder Leseanlässe, um die Betroffenen auf das Problem anzusprechen. Üben Sie keinen Druck aus, sondern betonen Sie die Möglichkeiten und Vorteile, wenn die Mitarbeiterin und der Mitarbeiter sich bereit erklärt, die Grundbildungsdefizite anzugehen. Reagieren Sie wertschätzend, wenn die Betroffenen bereit sind, Ihnen gegenüber im Arbeitskontext zum ersten Mal offen einzugestehen, dass sie oder er Probleme mit dem Lesen, Schreiben oder Rechnen hat. Zeigen Sie Wege auf, wie Sie der oder dem Betroffenen Unterstützung anbieten können. Bestärken Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin, die Grundbildung zu verbessern. Loben Sie beispielsweise die Lernbereitschaft und das Engagement, nach der Arbeitszeit an einer Grundbildungsmaßnahme teilzunehmen. Hören Sie möglichst aktiv zu und bewerten Sie die Antworten nicht. Stellen Sie sogenannte aktivierende Fragen, die das eigene Formulieren fördern und nicht ausschließlich mit Ja oder Nein zu beantworten sind, zum Beispiel: ''Gerne würde ich etwas mit Ihnen besprechen. Mir liegt viel daran, dass wir gut zusammenarbeiten. Mir ist aufgefallen, dass Sie Formulare nicht direkt ausfüllen, sondern s

ie mit nach Hause nehmen, bevor Sie sie abgeben. Kann das daran liegen, dass es Ihnen schwerfällt, Formulare auszufüllen? Auf welche Weise könnte ich Ihnen vielleicht helfen?'' Geben Sie der oder dem Betroffenen zudem ausreichend Zeit (mindestens 10 Sekunden) für die Antwort. 5.4 Kriterien der Auswahl und Planung geeigneter Weiterbildungsangebote Als erstes sollten Sie für die Planung und Umsetzung des Grundbildungsangebots festlegen, wer die Organisation im Unternehmen übernimmt. Hat Ihr Betrieb eine Mitarbeitervertretung oder einen Betriebsrat, kann es sinnvoll sein, diese Vertrauenspersonen miteinzubeziehen. Da Mitarbeitervertretungen und Betriebsräte möglicherweise enge Kontakte zu den Beschäftigten haben, wurden sie eventuell bereits auf Kolleginnen und Kollegen mit Grundbildungsdefiziten aufmerksam bzw. können Betroffene auf das Thema ansprechen. Die Verantwortlichen sollten danach die Ziele und Inhalte, den Ort und den Zeitrahmen des Grundbildungsangebots festlegen, einen geeigneten Weiterbildungsträger wählen, die Kostenfrage klären und Gelingensbedingungen berücksichtigen Die Leitfrage für die Ziele und Inhalte des Grundbildungsangebots lautet: Was braucht die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, um ihre bzw. seine Aufgaben am Arbeitsplatz effektiver erfüllen zu können? Als Basis dienen dabei die konkreten Arbeitsplatzanforderungen, die Sie zuvor bestimmt haben. Ordnen Sie diesen bestimmte Inhalte zu, die Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dabei helfen, den Arbeitsplatzalltag gut zu bewältigen. Die Spannbreite an Grundbildungsangeboten ist groß und umfasst insbesondere die Vermittlung bzw. Verbesserung von Kompetenzen in folgenden Themenbereichen: Lesen und verstehen: z.B. Sicherheits- und Hygienevorschriften aktiv umsetzen, mit Bedienungsanleitungen umgehen Schreiben: z.B. Fehlerprotokolle verständlich formulieren, E-Mails schreiben Rechnen: z.B. Stückzahlprotokolle erstellen, Maße umrechnen Orientierung in der Lebens- und Arbeitswelt: z.B. Betriebs- und Warenkunde, Arbeitsplatzbeschreibungen Englisch: z.B. Basic English am Arbeitsplatz Umgang mit dem PC: z.B. Textverarbeitung mit Word, Internet, E-Mail, Excel-Grundkenntnisse Lernen lernen: z.B. Lernstrategien und -methoden vermitteln Ausgewählte Beispiele, wie Unternehmen Grundbildungsangebote am Arbeitsplatz erfolgreich umgesetzt haben, finden Sie auf der Homepage des Projekts AlphaGrund (Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener). Grundsätzlich ist die Frage zu klären, wo der Grundbildungskurs stattfinden soll. Für die Durchführung eines betriebsinternen Angebots spricht die Nähe zum jeweiligen Arbeitsplatz. Gerade für die an- und ungelernten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Schichtdienst ist es wichtig, ein solches Angebot ohne großen Aufwand erreichen zu können. Ein externer Kurs bei einem Weiterbildungsträger hat den Vorteil, dass die Maßnahme an einem neutralen Ort stattfindet, so dass die Kolleginnen und Kollegen nicht unmittelbar auf die Kursteilnahme der betreffenden Personen aufmerksam werden. Allerdings müssen die Betroffenen dafür einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen. Sind das Know-how oder die Ressourcen für die Durchführung interner Grundbildungsangebote mit eigenen Dozentinnen und Dozenten in Ihrem Unternehmen nicht vorhanden, können Sie auf freie Weiterbildungsträger zurückgreifen. Hauptanbieter nachholender, allerdings überwiegend allgemeiner Grundbildungsangebote zum Lesen, Schreiben und Rechnen in Deutschland sind die Volkshochschulen. Ansprechpartner für die arbeitsplatzbezogene Grundbildung sind beruflich orientierte Bildungsträger, zum Beispiel die Bildungswerke der Wirtschaft, Industrieund Handelskammern oder Handwerkskammern. Bislang hat die Grundbildung für den Arbeitsplatz bei beruflichen Bildungsträgern noch einen geringeren Stellenwert, diese können aber bei Bedarf vor Ort Angebote entwickeln. Deshalb empfiehlt es sich, Weiterbildungsträger auch dann auf dieses Thema anzusprechen, wenn Sie auf den Internetseiten keine passenden Maßnahmen finden. Da regional eine sehr unterschiedliche Angebotsstruktur vorhanden ist, besteht in den Bildungswerken der Wirtschaft, Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern darüber hinaus die Möglichkeit, für mehrere Betriebe in Flächenregionen geeignete Angebote zu entwickeln und zu koordinieren. Weiterhin müssen der Zeitpunkt und die Dauer der jeweiligen Qualifizierungsmaßnahme festgelegt werden. Selbstverständlich hängt die Dauer der Maßnahme von den Zielen, den zu schulenden Inhalten und den jeweiligen Teilnehmervoraussetzungen ab. In Branchen mit saisonbedingter besonderer Arbeitsbelastung kann es ratsam sein, weniger ausgelastete Phasen für die Durchführung eines Kurses zu wählen. Dies kommt der Teilnahmebereitschaft entgegen, und die Kurse lassen sich zeitlich besser in die betrieblichen Abläufe einfügen. Arbeiten Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Grundbildungsbeda

rf in Schichtarbeit, sollten arbeitsplatzbezogene Grundbildungsangebote zeitlich flexibel gestaltet sein. So könnte zum Beispiel eine Weiterbildung nach der Frühschicht und eine nach der Spätschicht angeboten werden. Erfahrungen mit Grundbildungsangeboten zeigen, dass die Lerngewinne umso höher sind, je mehr Zeit für die Weiterbildungsmaßnahme zur Verfügung steht. Aber auch bereits ein überschaubarer Zeitrahmen für die Qualifizierung - zum Beispiel zehn Stunden, fünfmal wöchentlich zwei Stunden oder zwei Blöcke von je fünf Stunden -, führt zu ersten Verbesserungen der Kompetenzen und fördert vor allem die Motivation und Lernbereitschaft. Auch wenn Sie etwa zunächst einen kürzeren Zeitrahmen veranschlagen, ist es jederzeit möglich, weitere inhaltlich darauf aufbauende Module anzuschließen. Die Dauer der Maßnahme hängt ab von den zur Verfügung stehenden zeitlichen und finanziellen Ressourcen in Ihrem Unternehmen. Zuerst sollten Sie entscheiden, ob Sie die Kosten für den Kurs vollständig oder zum Teil übernehmen - für Dozentinnen und Dozenten, die den Kurs intern oder extern durchführen, Lehrmaterialien, Raummiete, Teilnahmegebühren bei Bildungsträgern etc. Darüber hinaus ist zu klären, ob der Kurs während der Arbeitszeit oder in der Freizeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. zum Teil während der Arbeitszeit stattfinden soll. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Teilnahmebereitschaft gerade dieser Zielgruppe steigt und das Risiko des Kursabbruchs sinkt, wenn das Angebot kostenlos und zumindest zum Teil in der Freizeit stattfindet. Folgende Förderprogramme bieten finanzielle Unterstützung (Stand: Juli 2014): Seit 2006 bietet das von der Bundesagentur für Arbeit gestartete Programm WeGebAU (''Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen'') Möglichkeiten, auch die nachholende Grundbildung als Teil einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme zu fördern, wobei die Umsetzung von den gegebenen Ressourcen der jeweiligen Arbeitsagentur vor Ort abhängt. Mit WeGebAU können einerseits Teilqualifizierungen oder Nachqualifizierungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Berufsabschluss gefördert werden. Auch Beschäftigte mit Berufsabschluss, die mindestens vier Jahre einer an- und ungelernten Tätigkeit nachgehen und ihre erlernte Tätigkeit nicht mehr ausüben können, sind förderberechtigt. Für Beschäftigte in kleineren und mittleren Unternehmen, die älter als 45 Jahre sind, übernehmen die Agenturen für Arbeit bis zu 75 Prozent der Lehrgangskosten. Die übrigen Kosten müssen vom Unternehmen und / oder der Arbeitnehmerin und dem Arbeitnehmer getragen werden. Eine Förderung bei jüngeren Beschäftigten ist nur dann möglich, wenn der Betrieb mindestens die Hälfte der Kosten für den Lehrgang übernimmt. Zudem kann dem Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen ein Zuschuss zum Arbeitsentgelt gewährt werden. Finanzielle Unterstützung bietet ebenfalls das Förderprogramm ''Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener'' des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Inwieweit bei Ihnen vor Ort ein spezifisches Angebot besteht, erfahren Sie auf der Homepage www.alphabund.de. So werden im Rahmen des Projekts AlphaGrund passgenaue Konzepte zur nachholenden Grundbildung am Arbeitsplatz für Unternehmen entwickelt. Zudem können Unternehmen in den Regionen Südhessen und Nordbaden kostenlose Angebote zur Förderung der Grundbildung von geringqualifizierten Beschäftigten sowie eine zweieinhalbstündige Sensibilisierung von betrieblichen Schlüsselpersonen zur arbeitsplatzbezogenen Grundbildung erhalten. Auch das ''Sonderprogramm Bildungscheck NRW Fachkräfte'' in Nordrhein-Westfalen erkennt die arbeitsplatzbezogene Grundbildung als Schlüsselqualifikation in der Weiterbildung an und übernimmt die Hälfte der Kosten einer Weiterbildungsmaßnahme für kleinere und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Jährlich kann jedes Unternehmen bis zu 20 Bildungschecks jeweils über höchstens 2.000 Euro in Anspruch nehmen. 5.4.5 Empfehlungen zur Durchführung von gelungenen Grundbildungsangeboten Damit arbeitsplatzbezogene Grundbildungsangebote erfolgreich verlaufen, ist es empfehlenswert, dass Sie bzw. der von Ihnen beauftragte Weiterbildungsträger oder freiberufliche Dozent folgende Gelingensbedingungen berücksichtigt: Um die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhöhen, das Tabu-Thema überhaupt anzugehen, sollten mögliche Hemmschwellen zur Teilnahme an den Kursen niedrig gehalten werden. Dies kann durch eine wertschätzende Bezeichnung der Maßnahme und die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten gefördert werden. Die Angebote zur arbeitsplatzbezogenen Grundbildung sollten an die jeweiligen Mitarbeiterbedarfe und -bedürfnisse angepasst sein - basierend auf den zuvor ermittelten Grundbildungsanforderungen an

den Arbeitsplätzen der Teilnehmenden. Denn gerade Angebote, die auf die berufliche Praxis und die konkrete Lebenssituation der Teilnehmenden ausgerichtet sind, eignen sich für die Zielgruppe. Ebenso sollten die Inhalte und Materialien teilnehmerbezogen gestaltet und abwechslungsreiche, erwachsenenbezogene Methoden eingesetzt werden. Kleine Lerngruppen von höchstens acht bis zehn Personen fördern eine motivierende angstfreie Lernatmosphäre und ermöglichen es eher, auf individuelle Erfordernisse einzugehen. Die Freiwilligkeit der Teilnahme sowie eine gute zeitliche und räumliche Erreichbarkeit der Maßnahme, beispielsweise angepasst an Schichtzeiten, wirken sich positiv aus. Einstufungs- bzw. Kompetenztests, die zur Feststellung des Leistungsniveaus der Lerngruppe in der Regel eingesetzt werden, sollten bei diesen eher lernungewohnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedachtsam eingesetzt werden, um keine zusätzlichen Hemmschwellen für die Teilnahme aufzubauen. Eine andere zielgruppengerechte Form der Einstufung der Ausgangskompetenz ist zum Beispiel die spielerische Beantwortung von Aufgaben. Je mehr Zeit für die Maßnahmen zur Verbesserung der Grundbildung eingeplant werden kann, desto deutlicher messbar sind die Lernzuwächse. Das zeigen Evaluationen von arbeitsplatzbezogenen Grundbildungsangeboten in angelsächsischen Ländern. Kürzere Module steigern vor allem die Motivation und Lernbereitschaft der Geringqualifizierten. Dozentinnen und Dozenten der Maßnahme sollten möglichst Erfahrungen in der Grundbildungsarbeit und im Umgang mit bildungsungewohnten Lernenden haben. Sie sollten zu Beginn des Kurses auch die Teilnehmererwartungen kurz erfragen. Dabei könnte es sich als hilfreich erweisen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu bitten, dass sie beobachten sollen, was ''sprachlich'' an ihrem Arbeitsplatz, in den Abteilungen, in der Kantine erforderlich ist. Da sich die Ausgangsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen in den Unternehmen stark unterscheiden, sind verschiedene Vorgehensweisen bei der Umsetzung eines Grundbildungsangebots notwendig. Eine Hilfestellung zur Erstellung eines passgenauen Konzepts für Ihr Unternehmen bietet eine vom IW Köln entwickelte Checkliste. Erfolgsmessung Haben Sie die ersten Grundbildungsangebote in Ihrem Unternehmen etabliert, ist eine Überprüfung hilfreich, um Lernerfolge einzuschätzen und Rahmenbedingungen gegebenenfalls in Zukunft verbessern zu können. Ziele der Grundbildungsförderung

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