Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Vereinbarungen)

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Vereinbarungen)

Hier werden systematisch vorbeugende Ansätze und Strategien zur Verhinderung von Grenzüberschreitungen

und sexueller Belästigung in Unternehmen betrachtet.

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Was ist sexuelle Belästigung? Bedeutung und Auswirkungen von sexueller Belästigung Verpflichtung der Führungsebene Verpflichtung zur Prävention seitens der Beschäftigten Verhaltenskodex für Vorgesetzte Kontaktstelle für Betroffene Beschwerdeverfahren und Sanktionsmaßnahmen Sexuelle Belästigung und Diskriminierung stellen ein gesellschaftlich drängendes Problem dar. Der Anspruch auf effektiven Schutz betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche, so auch das Arbeitsumfeld. Die begrenzte Datenlage zu sexueller Belästigung im Arbeitskontext belegt dennoch die Betroffenheit in Form von subjektiv wahrgenommener Belästigung oder sogar Bedrohung bei einer großen Zahl der Beschäftigten in Deutschland und europaweit (1) (2). Sexuelle Belästigung betrifft Berufstätige jeglichen Geschlechts und Alters. Sie ist unabhängig von der beruflichen Position und Branche, obgleich sich die Verteilung der Belästigungsarten unterscheidet (2). Das Phänomen der sexuellen Belästigung nimmt in Medizin und Pflege eine Sonderstellung ein. Für spezielle Anforderungs- und Arbeitsbedingungen und zur Sicherung von Diagnostik und Versorgung müssen häufig persönliche Grenzen überschritten werden. Auch extreme körperliche Nähe in unterschiedlichen Arbeitssettings kann zu potenziellen Grenzübertretungen aller Beteiligten beitragen. Mit der sogenannten WPP-Studie (Watch-Protect-Prevent) stellt sich die Universitätsmedizin der Charite Berlin als erste Universitätsklinik im deutschsprachigen Raum den Herausforderungen dieser sensiblen Thematik. Sie setzt sich mit den Erfordernissen und den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auseinander. Das WPP-Projekt ist das erste und deutschlandweit einzige Projekt zur Entwicklung einer Workplace Policy zum Schutz und zur Prävention von Grenzüberschreitungen, sexueller Belästigung und Diskriminierung in einem Universitätsklinikum. Das WPP-Projekt wurde in den Jahren 2014 bis 2016 an der Charite durchgeführt. Es generierte Daten aus drei Teilstudien: Durch Einzelinterviews sowie durch eine große Befragung aller Beschäftigten in Medizin und Pflege wurden qualitativ und quantitativ Daten erhoben zu Erfahrungen mit Grenzüberschreitungen, Schutzmaßnahmen und Präventionsmaßnahmen. Die erfolgreiche Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung ermöglichte das dritte Teilprojekt. Das Archiv der Stiftung beinhaltet 120 betriebliche Vereinbarungen unter dem Stichwort Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz unterschiedlicher Unternehmen (verschiedene Größen, Branchen und Strukturen). Diese Vielfalt stellte hierbei eine ideale Ressource dar zur systematischen Auswertung und Bündelung allgemeiner Ansätze und Präventionsstrategien sowie zum strukturierten Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Durch das Verschmelzen mit den qualitativen Ergebnissen des WPP-Projekts wurde ein fundiertes und partizipatorisch organisiertes Modelldokument entwickelt. Dies führte zu einer unternehmensspezifischen Vereinbarung in Form einer Richtlinie an der Charite, die als Modelldokument von anderen (Universitäts-)Kliniken und öffentlichen Diensten genutzt werden kann. Gleichzeitig wurden beispielhaft die präzisesten Formulierungen zu Gestaltungsschwerpunkten in einem Baukasten zusammengefügt, der branchenübergreifend Interessierten zur Entwicklung einer eigenen betrieblichen Vereinbarung dienen kann. Eine sexuelle Belästigung ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten. Unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören dazu. Die Würde der betreffenden Person wird verletzt, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekenn zeichnetes Umfeld entsteht. Verschiedene Studien belegen: Nicht nur Motivation und Leistungsvermögen der Betroffenen leiden in hohem Maße, sondern auch das gesamte Betriebsklima. Werden sexualisierte Übergriffe tabuisiert oder verharmlost, werden faktische Grenzüberschreitungen geduldet. Wenn nicht eingegriffen wird, bleibt die gesamte Kommunikationsstruktur gestört. Damit es nicht zu sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz kommt, sind vorbeugende Maßnahmen möglich. Hierfür tragen alle Beteiligten am Arbeitsplatz Verantwortung: Es geht darum, ein Arbeitsklima zu schaffen, in dem sexuelle Belästigungen keinen Raum haben und in dem die Rechte auf sexuelle Selbstbestimmung von Menschen gewahrt werden. Sexuelle Belästigung betrifft Berufstätige jeglichen Geschlechts und Alters, unabhängig von der Branche, in der sie tätig sind. Obgleich sich die Verteilung der Arten der Belästigung unterscheidet, ist eine Betroffenheit in Form von subjektiv wahrgenommener Belästigung oder sogar Bedrohung bei sehr vielen Beschäftigten weltweit zu erkennen.1 Sexuelle Belästigun

g im Rahmen des Arbeitsfeldes Medizin nimmt aufgrund der besonderen Arbeitsbedingungen und des notwendigen Überschreitens von persönlichen Grenzen bei der Ausübung des Berufs eine besondere Stellung ein. Tatsächlich müssen sich Patientinnen und Patienten für viele Untersuchungen zumindest partiell entkleiden, sie werden nach persönlichen und intimen Details zur Einschätzung von Erkrankungsrisiken befragt, in vielen Bereichen herrscht eine extreme körperliche Nähe, etwa im Operationssaal oder in der Endos kopie. Grenzüberschreitungen sind einerseits notwendig und können zu Entgrenzungen bei allen Beteiligten führen - Ärzten, Pflegepersonal, Patien tinnen und Patienten. Andererseits sind klare Abgrenzungen und Handlungsleitfäden in diesem Kontext sogar wichtiger und notwendiger als anderswo. Die Untersuchung bestätigt ein häufiges Vorkommen von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz - und damit die Notwendigkeit, proaktiv mit dem Problem umzugehen (3-7). Sexuelle Belästigung stellt neben ihren sozialen, machtpolitischen und gesellschaftlichen Konsequenzen vor allem ein medizinisches, arbeitstechnisches und arbeitsrechtliches Problem dar. Sexuelle Belästigung kann signifikante akute und chronische medizinische Auswirkungen haben, die die Gesundheit der Betroffenen jahrelang belasten (8-11). Die Symptome reichen von körperlichen Beschwerden wie z.B. chronischen Rücken- und Nackenschmerzen, chronischen gastrointestinalen Beschwerden und Herzkreislaufbeschwerden, über akute Angstzustände bis hin zu chronischen psychischen Störungen wie z.B. Angstneurosen und Depression. Sie unterscheiden sich hierbei nur gering von den Beschwerden, die mit akuter und chronischer Gewalterfahrung assoziiert werden (12, 13). Neben der Belastung für die Betroffenen stellen sexuelle Belästigung und ihre Konsequenzen auch ein arbeitstechnisches Risiko dar, das die Produktivität, Motivation und Unternehmensbindung der Beschäftigten schwächt. Langfristig nehmen nicht nur die Bindung und das Vertrauen in das Unternehmen ab. Es häufen sich auch Ausfallzeiten und Krankschreibungen bis hin zu einer möglichen Kündigung, wenn die bzw. der Betroffene sich nicht mehr in der Lage fühlt, am betreffenden Arbeitsplatz zu verbleiben. Für den Arbeitgeber bedeutet mangelndes Erkennen von sexueller Belästigung als Ursache der Beschwerden somit akut einen Verlust an Produktivität und Einnahmen und langfristig an Einbringung in das Unternehmen, an Teamgefühl und Unternehmensbindung (14, 15). Sexuelle Belästigung stellt somit ein signifikantes arbeitstechnisches Zusatzrisiko dar - insbesondere in Gesundheitsberufen mit potenziell hohem Krankenstand aufgrund von berufsbedingter psychischer und physischer Belastung, Arbeitsverdichtung durch Personalkürzungen und relativ geringer Bezahlung wie etwa im pflegerischen Bereich. Sexuelle Belästigung betrifft potenziell alle an der medizinischen Versorgung Beteiligten, Studierende, pflegerisches und ärztliches Personal sowie Patientinnen und Patienten. Daten zur Betroffenheit von Studierenden aus dem In- und Ausland liegen vor und spiegeln konsistent ein erhöhtes Risiko beim Eintritt in die klinische Berufswelt wieder (16-19). Dies ist besonders offensichtlich bei Studiengängen wie den traditionellen Regelstudiengängen in der Medizin, bei denen patientennaher Unterricht erst ab dem 5. Semester systematisch eingeführt wurde. Daten zu den neuen Modellstudiengängen mit patientennahem Unterricht ab dem 1. Semester liegen aus Deutschland bis dato nicht vor. Auch in den Vereinigten Staaten bestätigt sich eine Zunahme von Belästigungen bei intensiverem Patientenkontakt und Stations arbeit. Als besonders gefährdend gelten allgemein Famulaturen in chirurgischen Bereichen, wie z.B. Unfallchirurgie und Gynäkologie (18). Im pflegerischen Bereich wird generell von hoher Betroffenheit berichtet, nicht nur in Form sexueller Belästigung, sondern auch von Gewalt und Diskriminierung (20). Pflegekräfte sind laut diesen Berichten in der alltäglichen Ausübung ihres Berufes nicht nur von emotionaler Belastung betroffen, sie erleben auch ein markant erhöhtes Risiko sexueller Belästigung, das in der Literatur auf zwischen 30 und 90 Prozent beziffert wird (3). Daten zur Betroffenheit von Ärztinnen und Ärzten sind hingegen rar und in Deutschland zum heutigen Zeitpunkt gar nicht vorhanden. Im Allgemeinen lässt sich aus der limitierten Datenlage schlussfolgern: Hierarchie, Machtverhältnisse, Stressbelastung und Unternehmenskultur (21) spielen auch in der Medizin eine erhebliche Rolle. Insbesondere Bereiche, in denen diese Faktoren stark ausgeprägt sind, er leben eine erhöhte Häufigkeit des Phänomens

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