Fortschrittsreport zur altersgerechten Arbeitswelt (Nr. 2)

Fortschrittsreport zur altersgerechten Arbeitswelt (Nr. 2)

Ältere sind leistungsfähig und sie werden gebraucht

und wollen bei ihrer Arbeit gefordert, aber nicht überfordert werden.

Publikation zeigen

Altersgerechte Arbeitsgestaltung. Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung Arbeitszeiten Berufswechsel Arbeitszeitflexibilität Tätigkeits- und Berufswechsel Alters- und alternsgerechte Führungskompetenzen Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung Altersgerechte Schichtsysteme Langzeitkonten (Wertguthaben) Betriebliche Weiterbildung Älterer Wir werden älter, und wir werden weniger. Seit Einführung des heutigen Rentensystems im Jahr 1957 ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland um elf Jahre gestiegen, bereits in den nächsten 20 Jahren dürften weitere drei Jahre dazu kommen. Die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre bis 2029 ist vor diesem Hintergrund nicht nur sachgerecht, sondern geboten. Der demografische Wandel wird von einem zweiten dominierenden Einfluss geprägt: Seit Mitte der 70er Jahre werden zu wenig Kinder geboren. Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter wird daher kontinuierlich zurückgehen. Für die Betriebe und Verwaltungen, aber auch für alle politisch Verantwortlichen, verbindet sich damit eine doppelte Herausforderung: Zum einen müssen sich die Unternehmen auf alternde Belegschaften einstellen. Die geburtenstarken Jahrgänge, die heute vielfach einen großen Teil der Beschäftigten stellen, werden in den nächsten zehn Jahren ihr sechstes und siebtes Lebensjahrzehnt erreichen. Zum anderen nähert sich diese Gruppe mehr und mehr dem Rentenalter. Die nachfolgenden Jahrgänge können sie jedoch nicht ersetzen. Daher droht eine erhebliche Lücke zwischen Angebot an und Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften, die sich in einigen Branchen bereits heute abzeichnet. Fehlende Fachkräfte schwächen die Leistungsfähigkeit der Unternehmen und unserer Volkswirtschaft, weil Aufträge nicht ausgeführt und Investitionen nicht getätigt werden. Was wir tun müssen, um dies zu vermeiden, ist klar: Wir müssen das Fachkräfteangebot erheblich steigern. Dabei müssen wir den Blick vor allem auf die Menschen richten, die noch besser in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Hierfür haben wir das Fachkräftekonzept entwickelt: Es zeigt auf, welche einzelnen Potenziale mobilisiert werden können. Die Kampagne FachkräfteOffensive informiert die Öffentlichkeit und die Unternehmen. Im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung befasst sich eine Arbeitsgruppe mit der Fachkräftesicherung im Allgemeinen, eine andere mit dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit im Alter. Gerade weil die Älteren wichtig für die Fachkräftesicherung sind, müssen wir dafür sorgen, dass möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesund und motiviert bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze arbeiten. Hier sind vor allem die Unternehmen gefordert: Die Arbeitswelt muss stärker alters- und alternsgerechter gestaltet werden. Die Unternehmen nutzen die Potenziale der Älteren inzwischen weitaus stärker als früher. Seit dem Jahr 2005 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von über 55 Jahren um rund 1,3 Millionen gestiegen. Die Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen weist eine besonders dynamische Entwicklung auf. Ihre Erwerbsbeteiligung hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, egal ob nur die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder die Erwerbstätigkeit insgesamt betrachtet wird. Dazu hat vor allem der Ausstieg aus der staatlich geförderten Frühverrentung beigetragen. Zugleich hat sich unser Bild der Älteren gewandelt. Während meiner Ausbildung zur Ärztin haben wir noch gelernt, dass das Gehirn seine Entwicklung mit dem 20. Lebensjahr abgeschlossen hat. Danach geht es bergab, danach werden Gehirnzellen abgebaut. Heute wissen wir es besser. Altern ist kein eindimensionaler Abbauprozess. Was und wie viel in welcher Lebensphase geschieht, hängt von den Anreizen ab, die das Gehirn bekommt. Ältere sind vor allem gut, wenn es um ihre Erfahrungen geht: Sie können Aufgaben zielgerichteter lösen und wissen mehr über unterschiedliche Lösungswege. Ältere können oftmals ihre Möglichkeiten und Grenzen und die ihres Teams besser einschätzen. Sie geben ihr Wissen bereitwilliger weiter. Eine Reihe von körperlichen Fähigkeiten nehmen mit dem Alter zwar ab, etwa die Seh- und Hörfähigkeit oder die Muskelkraft, aber viele Fähigkeiten bleiben über die Jahre erhalten, sofern Körper und Geist nicht über lange Zeit extrem einseitig beansprucht werden. Auch aufgrund einseitiger Beanspruchungen nehmen die Leistungsunterschiede innerhalb der gleichen Altersgruppe mit dem Alter zu. Damit die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Potenziale bestmöglich einbringen können, brauchen wir eine alters- und alternsgerechte Unternehmenspolitik. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt dies durch vielfältige Aktivitäten, unter anderem durch den zweimal im Jahr erscheinenden Fortschrittsreport ''Altersgerechte Arbeitswelt''. Dieser knüpft an den Bericht der Bundesregieru

ng über die Entwicklung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, der alle vier Jahre vorzulegen ist und der erstmals Ende 2010 erschien. Der vorliegende zweite Fortschrittsreport widmet sich dem Thema Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsorganisation, mit Ausblick auf Berufs- und Tätigkeitswechsel für Ältere. Jugendwahn war gestern, morgen droht der Fachkräftemangel. Heute nimmt die deutsche Wirtschaft die demografische Herausforderung schrittweise an. Vom langen Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt haben vor allem Ältere profitiert. Die früher oft praktizierte Frühverrentung hat sich dagegen als Irrweg erwiesen. Sie hat viele noch leistungsfähige Ältere aus dem Arbeitsleben gedrängt, wertvolles Erfahrungswissen entwertet und zu einem negativen Altersbild beigetragen, das bis heute fortwirkt. Die Politik hat diesen Irrweg verlassen und damit nicht nur der Wirtschaft signalisiert: Ohne die Älteren geht es nicht. Ältere Erwerbstätige erfreuen sich zumeist guter Gesundheit und wollen auch im Arbeitsleben aktiv gestalten. Viele Unternehmen stellen sich auf die veränderte Altersstruktur der Erwerbsbevölkerung (Abbildung 1) und ihrer Belegschaften ein. Diese Unternehmen wissen, dass sie künftig nur dann wirtschaftlich leistungsfähig und international wettbewerbsfähig bleiben können, wenn sie stärker als bislang auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingehen. Ziel ist der Erhalt der Arbeitsfähigkeit und der Arbeitsbereitschaft, damit alle bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze arbeiten können. Dies kann nur gelingen, wenn die Schaffung einer altersgerechten Arbeitswelt mit aller Kraft und auf breiter Basis vorangetrieben wird. Dafür gibt es drei Handlungsschwerpunkte: 1. Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung Ein Schwerpunkt für die Betriebe ist die Anpassung der Organisation der Arbeit und der Gestaltung der Arbeitsplätze an die Bedürfnisse der Älteren. Einerseits müssen die Betriebe die abnehmende körperliche Leistungsfähigkeit der Älteren berücksichtigen, etwa bei Sehvermögen und Muskelkraft, andererseits müssen sie das Erfahrungswissen der Älteren stärker einbinden. Das Spektrum der Maßnahmen ist breit und wird stark von Branche, Unternehmen, Altersstruktur und Art der Tätigkeiten bestimmt. Geeignete Maßnahmen sind etwa eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes, regelmäßige Belastungswechsel, neue Tätigkeiten mit weniger alterskritischen Belastungen, die Erweiterung von Handlungsspielräumen, eine weniger beanspruchende Arbeitszeitgestaltung, mehr altersgemischte Teams oder eine Laufbahngestaltung, die Ältere weiter motiviert. 2. Betriebliche Gesundheitsförderung Ausgangsbasis der betrieblichen Gesundheitsförderung ist der gesetzlich verpflichtende Gefahren- und Arbeitsschutz. Darüber hinaus sollten Betriebe die Möglichkeiten nutzen, guten Einfluss auf die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu nehmen. Zwei präventive Ansätze sind zu unterscheiden: die Verhältnisprävention und die Verhaltensprävention. Bei der Verhältnisprävention stehen die Die geburtenstarken Jahrgänge, die den Arbeitsmarkt dominieren, werden älter. Die Bevölkerungsprojektion zeigt: Mehr als zwei Fünftel aller Menschen im erwerbsfähigen Alter werden Anfang des nächsten Jahrzehnts 50 Jahre und älter sein, mehr als ein Viertel sogar 55 Jahre und älter. Deutlich zu sehen ist, wie stark die Erwerbstätigkeit der Älteren bereits in den vergangenen zehn Jahren zugenommen hat. Arbeitsbedingungen im Mittelpunkt: Da Krankheiten oftmals Folge beruflicher Fehlbelastungen oder eines belastenden Arbeitsumfelds sind, sollen Verbesserungen des Arbeitsumfelds die physischen wie psychischen Fehlbelastungen für die Beschäftigten vermindern. Die Verhaltensprävention hingegen zielt auf eine Veränderung der individuellen Einstellung der Beschäftigten bezüglich ihrer Gesundheit und Belastungssituationen ab. Beispiele für verhaltenspräventive Einrichtungen oder Maßnahmen sind Rückenschulen, Stressmanagement oder die Ernährungsberatung. Verhaltenspräventive Maßnahmen allein sind allerdings wenig wirksam, wenn die Beschäftigten unter krankmachenden Bedingungen arbeiten. Notwendig ist daher ein Gesundheitsmanagement, das beide Ansätze integriert. 3. Qualifizierung und Weiterbildung Damit die Beschäftigten möglichst bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze arbeiten können, müssen Ältere vollständig in die betriebliche Qualifizierung und Weiterbildung einbezogen bleiben. Voraussetzung ist aber auch, dass die Beschäftigten selbst die Bereitschaft mitbringen, sich regelmäßig fortzubilden. Lebenslanges Lernen ist von zentraler Bedeutung, damit die Beschäftigten mit dem raschen technischen Wandel Schritt halten und ihre Kreativität bewahren können. Zum einen kommt dafür formale Weiterbildung innerhalb oder außerhalb des Betriebs infrage, zum anderen ein fortlaufendes Lernen im Arbeitsprozess. Für viele ältere Beschäftigte bi

eten sich Lernformen an, die in die Arbeit integriert sind. Bei formaler Weiterbildung müssen hingegen bei Älteren oftmals Vorbehalte abgebaut werden, die durch lange Lernentwöhnung entstanden sind. In diesem Kontext appelliert die Bundesregierung auch an die Unternehmen und Betriebe, die Möglichkeiten der betrieblichen Weiterbildung zu nutzen und zu intensivieren. In diesem Zusammenhang wird es zukünftig auch darum gehen, nicht nur formales, sondern auch informelles berufliches Weiterlernen wertschätzend anzuerkennen. Alters- und alternsgerechte Arbeitswelt als betriebliche Herausforderung Die Herausforderungen des demografischen Wandels sind seit Langem bekannt, doch viele Unternehmensleitungen handeln immer noch zögerlich. Oftmals haben sie nur vage Vorstellungen davon, wie sich die Altersstruktur ihrer Belegschaft und das Arbeitsangebot der von ihnen gesuchten Qualifikationen in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werden. Die Personalplanung und die Arbeitsgestaltung werden oftmals von der aktuellen Auftragslage bestimmt. Daher überrascht es kaum, dass die Wünsche älterer Beschäftigter teilweise stark von den Vorstellungen der Personalverantwortlichen abweichen, wie eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung1 zeigt. So wünschen sich die älteren Beschäftigten ganz überwiegend eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsumfeldes, die Einbeziehung in betriebliche Weiterbildungsangebote, altersgemischte Teams, Angebote zur Gesundheitsvorsorge, die Beteiligung an betrieblichen Entwicklungs- und Veränderungsprozessen sowie Lebensarbeitszeitkonten. Zudem möchten sie einen gezielten Einsatz von Älteren als Ausbilder und Berater im Unternehmen sowie passende Teilzeitangebote. Immerhin ein gutes Drittel wünscht sich einen innerbetrieblichen Stellenwechsel (Abbildung 2). Die befragten Personalverantwortlichen sehen deutlich weniger Handlungsbedarf, insbesondere bei der ergonomischeren Gestaltung des Arbeitsumfeldes, den Angeboten zur Gesundheitsvorsorge, dem Einsatz Älterer in Verbesserungsprozessen, der Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten sowie bei speziellen Weiterbildungsangeboten für Ältere. Alters- und alternsgerechte Arbeitswelt als Führungsaufgabe Die Schaffung einer alters- und alternsgerechten Arbeitswelt ist eine Querschnittsaufgabe, die viele betriebliche Bereiche berührt. Die einzelnen Maßnahmen sind erfolgreicher, wenn sie ineinandergreifen. Daher ist eine Gesamtstrategie erforderlich. Damit die erforderlichen Maßnahmen und Investitionen durchgeführt werden können, muss über das Tagesgeschäft und betriebliche Einzelinteressen hinaus das Ganze betrachtet werden: Bleibt der Betrieb mit einer alternden Belegschaft in Zukunft wettbewerbsfähig? Kann er seine Innovationskraft behalten oder sogar steigern? Können genug ältere Beschäftigte gehalten und neue gewonnen werden? Altersbezogene Einflussgrößen sollten möglichst in das tägliche Führungsverhalten einfließen, damit sich jeder Beschäftigte fähig fühlt, unabhängig vom eigenen Alter die betrieblichen und persönlichen Ziele zu erreichen. Insbesondere Ältere wollen für ihre Lebensleistung und ihre Erfahrungen respektiert werden. Dieser Respekt muss von der Unternehmens- und Geschäftsleitung vorgelebt werden, damit er Teil der Unternehmenskultur wird. Jedes Unternehmen muss prüfen, welche Maßnahmen am Besten geeignet sind

Info an Freunde und Bekannte

Gefällt Ihnen diese Publikation? Möchten Sie Freunde und Bekannte über diese Publikation informieren?

Bitte empfehlen bzw. teilen Sie diese Seite bei Facebook, Twitter, LinkedIn und/oder XING.

Für einen entsprechenden Hinweis auf dem elektronischen Weg nutzen Sie bitte die Weiterempfehlung per E-Mail.

Weitere Publikationen zeigen

Info zum ServiceImpressumAGBDatenschutzRechtshinweiseJobadu.de in den sozialen NetzwerkenServiceportal für Arbeitgeber