Analyse von betrieblichen Vereinbarungen zu Langzeitkonten

Analyse von betrieblichen Vereinbarungen zu Langzeitkonten

Bei Langzeitkonten handelt es sich um ein Modell, bei dem Arbeitszeit langfristig angesammelt wird

und durch bezahlte Freistellungen wieder genutzt werden kann.

Diese Broschüre zeigt, welche Regelungstrends bestehen und wie diese Regelungen gestaltet sind.

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Seit Jahren wird viel über Flexibilisierung von Arbeitszeiten geforscht, gestritten und experimentiert. Gesucht wird nach Wegen, um Arbeitszeiten flexibler an Markt- und Wettbewerbsanforderungen auszurichten und dennoch Rücksicht auf individuelle Plan- und Vereinbarkeit von Arbeit und Leben zu nehmen. Ökonomischer Druck und legitime Beschäftigteninteressen stehen sich gegenüber. Einen Ausgleich zu finden ist besonders für Betriebsräte schwierig. Sie stehen vor der Aufgabe, oft unter hohem wirtschaftlichem Druck betriebsspezifische flexible Arbeitszeiten zu vereinbaren und für Beschäftigte tragbare Kompromisse zu finden. Der Markt steuert die internen Unternehmensabläufe. Wie flexibel soll Arbeit organisiert sein? Welche Regulierung ist richtig, damit Beschäftigte gut arbeiten und leben können, Unternehmen konkurrenzfähig bleiben und Arbeitsplätze erhalten werden? In der Praxis hat sich inzwischen ein Sparbuch- oder Konto-Prinzip durchgesetzt. Man spart Zeit an und kann später Zeit wieder entnehmen. Dabei gibt es verschiedene Zeitkonten-Modelle mit unterschiedlichen Verfügungsrechten, Verwendungsmöglichkeiten, Arten der Kontenführung und Verzinsungen der Zeitguthaben. Bei Langzeitkonten handelt es sich um ein Modell, bei dem Arbeitszeit langfristig angesammelt wird und durch bezahlte Freistellungen wieder genutzt werden kann. Anders als bei Gleitzeit- oder Jahresarbeitszeitkonten, bei denen der Zeitausgleich des angesammelten Guthabens in überschaubaren Zeiträumen liegt, können Langzeitkonten hohe Zeitsalden aufweisen und sehr lange Ausgleichszeiträume haben. Der Ausgleich erfolgt nach mehreren Jahren oder am Ende des Arbeitslebens. Mit den über mehrere Jahre gesparten, nicht ausbezahlten Arbeitszeiten können Beschäftigte früher aus der Erwerbstätigkeit ausscheiden oder schrittweise die Arbeitszeit bei gleich bleibendem Entgelt reduzieren. Genutzt werden Langzeitkonten daher aus verschiedenen Motivlagen heraus: Für Beschäftigte eröffnen sich neue Wege für ihre Lebensarbeitszeit- oder Familienplanung, sofern die Verfügungsgewalt über das Konto bei ihnen liegt. Unternehmen können Produktionsengpässe mit Arbeitszeitverlängerungen und Absatzeinbrüche mit Verkürzung der Arbeitszeit überbrücken. Diesbezüglich lautet eine häufige Kritik: Langzeitkonten würden sich unter der Hand zu einem Instrument verwandeln, durch das strukturelle Mehrarbeit angesammelt wird. Damit bestünde auch die Gefahr, dass für ein vorgezogenes Ausscheiden aus der Erwerbstätigkeit angesparte Arbeitszeiten als Puffer zum Ausgleich konjunktureller Schwankungen missbraucht würden. Weil der Ausgleichszeitraum unter Umständen weit über den kurz- oder mittelfristigen Planungshorizont von Unternehmen hinausgeht, liegt darin eine besondere Schwachstelle der Langzeitkonten: die Sicherstellung und Möglichkeit der Zeitentnahme für die Beschäftigten. Vermutlich sind Langzeitkonten dann funktionsfähig, wenn sie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit auf den Lebenszyklus ermöglichen und so den sozialen und gesundheitlichen Schutz der Beschäftigten gewährleisten. Dies entspricht ihrer gesellschaftlichen Anforderung: den sozialen Schutz der Beschäftigten genauso lückenlos sicherzustellen wie die notwendige ökonomische Flexibilität. Die vorliegende Analyse von insgesamt 121 betrieblichen Vereinbarungen, abgeschlossen zwischen 1997 und 2011, zeigt, welche Regelungstrends bezüglich der Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten in den Betrieben bestehen und wie diese Regelungen gestaltet sind. Die Auswertung ist eine Aktualisierung der Analyse aus dem Jahr 2007. Damals lagen 57 Vereinbarungen vor. In der überwiegenden Zahl sind Langzeitkonto-Regelungen Teil einer allgemeinen Vereinbarung zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Die für diesen Band ausgewerteten betrieblichen Vereinbarungen stellen eine große Bandbreite an Regelungen dar: Haustarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen bis hin zu Rahmenvereinbarungen für Individualverträge. Weil mit dem Flexi-II-Gesetz einige Aspekte verbessert wurden, wie z.B. der Insolvenzschutz, Erhalt des Kontos beim Arbeitgeberwechsel etc., könnte es angebracht sein, bereits abgeschlossene Vereinbarungen auf ihre Aktualität zu prüfen. Mit den Analysen verfolgen wir nicht das Ziel, Regelungen zu bewerten, die Hintergründe und Strukturen in den Betrieben und Verwaltungen sind uns nicht bekannt. Ziel ist es, betriebliche Regelungspraxis abzubilden, Trends aufzuzeigen, Hinweise und Anregungen für die Gestaltung eigener Vereinbarungen zu geben. Arbeitszeiten werden seit Jahren flexibilisiert, starre Arbeitszeitmuster verlieren an Bedeutung. Um Zeitpuffer zu bilden, werden Arbeitszeitkonten eingeführt, vergleichbar den Giro- und Sparkonten. Mit der gesparten Zeit wird Beschäftigten ein größerer Freiraum eingeräumt, damit sie ihre Arbeits- und Freizeit individuell gestalten können. Demgegenüber haben Unternehmen die Möglichkeit, bei hoher Auslastung Mehrarbeit zu verlangen, die nicht zusätzlich bezahlt, sondern bei geringer Auslastung durch Freizeit ausgeglichen wird. Das bringt für sie den Vorteil, kostengünstiger agieren zu können. Als spezielle Ausprägung dieser Arbeitszeitkonten haben sich so genannte Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten herausgebildet. Arbeitszeitkonten zielen darauf ab, die vertragliche Wochenarbeitszeit im Durchschnitt eines vorab definierten Zeitraums zu erreichen - meist bis zu zwei Jahren. Dahingegen werden bei Langzeitkonten größere Zeiträume betrachtet. Bei den Arbeitszeitkonten besteht - ähnlich einem Bankkonto - ein eng begrenzter Rahmen, der die zu sparende oder zu entnehmende Zeit auf wenige Stunden einschränkt. Die Grenzen bei Langzeitkonten sind jedoch sehr viel weiter gesteckt oder überhaupt nicht vorhanden. Bemüht man den Vergleich zum Bankkonto erneut, würde es sich um Sparkonten oder langfristige Geldanlagen handeln. Langzeitkonten weisen hohe Salden auf und bieten möglicherweise einen sehr langen Ausgleichszeitraum. Mitunter wird sogar ganz darauf verzichtet, einen Ausgleichszeitraum festzulegen. Ein Negativsaldo wird in der Regel jedoch ausgeschlossen. In der betrieblichen Praxis finden sich allerdings vereinzelt Vereinbarungen, die auch negative Zeitsalden zulassen und einen begrenzten Ausgleichszeitraum oder eine vergleichsweise niedrige Obergrenze für die Zeitsalden definieren. Der ursprüngliche Ansatz wollte Beschäftigten einen verlängerten Urlaub oder mehrmonatige Arbeitsunterbrechungen ermöglichen sowie gesundheitlichen Fehlbelastungen entgegenwirken. In anderen Fällen möchte man Freiräume schaffen: z.B. für Weiterbildungsmaßnahmen oder im privaten Bereich z.B. für die Pflege von Angehörigen, Hausbau etc. Mit dem Begriff Lebensarbeitszeitkonto ist verknüpft, früher aus dem Berufsleben aussteigen zu können. Die gesparte Arbeitszeit ermöglicht einen vorgezogenen bezahlten Ruhestand. Das Lebensarbeitszeitkonto wird angelegt, damit Beschäftigte vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden können, ohne auf das Entgelt verzichten zu müssen. Zu diesem Zweck werden meist über mehrere Jahre hinweg Anteile der geleisteten Arbeitszeit oder der finanziellen Zuwendungen des Arbeitgebers auf dieses Konto gebucht. In den letzten Jahren haben einige Unternehmen die Langzeitkonten weiterentwickelt: Mit den angesparten Zeiten können nun auch längere Phasen niedriger Auslastung überbrückt werden. Arbeitszeitkonten dienen so der Beschäftigungssicherung. Damit sind die Beschäftigten nicht mehr allein berechtigt, über die Zeiten zu verfügen. Probleme bereiten den Unternehmen häufig Fragen der Insolvenzsicherung. Hohe Zeitsummen müssen in ihrem geldwerten Umfang gegen das Insolvenzrisiko abgesichert sein. Für die dazu notwendigen Maßnahmen muss das Unternehmen relativ hohe Kosten in Kauf nehmen. Andererseits entstehen Zinsgewinne, die in der Regel den Unternehmen zugute kommen. Auch das Flexi-II-Gesetz hat an diesem Sachverhalt nichts verändert

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