Regelmäßig Gespräche mit Beschäftigten zu führen und ggf. Ziele mit ihnen zu vereinbaren, gehört inzwischen zu den Aufgaben von immer mehr Führungskräften. Wurden vor einigen Jahren vor allem Führungskräfte selbst mit Zielvereinbarungen angeleitet, so weitet sich inzwischen der Einsatz auch auf Beschäftigte ohne Führungsverantwortung aus. Motivation kann auf diesen Wegen befördert und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten angeregt werden. Mitarbeitergespräche werden oft an regelmäßig wiederkehrenden Terminen zu höchst unterschiedlichen Anlässen geführt, z.B. zur Leistungsbeurteilung, Personalentwicklung oder Wiedereingliederung nach längerer Auszeit oder Krankheit. Die Vereinbarung von Zielen kann dabei eine Möglichkeit sein, muss aber nicht. Auch Tarifverträge beinhalten die Möglichkeit, Mitarbeitergespräche zum Zwecke der Personalentwicklung bzw. Weiterbildung zu führen, einige kombinieren diese Gespräche mit der Vereinbarung von Zielen. Oft orientieren sich die Gespräche an Leitfäden, Checklisten und Formularen und strukturieren so die Gesprächsführung. Die folgende Analyse von 128 betrieblichen Vereinbarungen zeigt, welche Regelungstrends zu Mitarbeitergesprächen und Zielvereinbarungen in Unternehmen und Verwaltungen bestehen und wie die betrieblichen Akteure das Thema aufgreifen und regeln. Die Auswertung verfolgt nicht das Ziel, die Regelungen zu bewerten, denn Hintergründe und Strukturen in den Betrieben und Verwaltungen sind uns nicht bekannt. Ziel ist es, betriebliche Regelungspraxis abzubilden, Trends aufzuzeigen und Gestaltungshinweise zu geben. Mitarbeitergespräche und Zielvereinbarungen gehören seit den späten 80er Jahren zu den neuen, modernen Personalmanagementkonzepten in Deutschland. Sie entstanden ursprünglich in der Nachkriegszeit aus den Ideen der amerikanischen Managementschulen und wurden über Japan und die Vereinigten Staaten in die Automobilbranche Europas transferiert. Der weltweite Siegeszug dieser Managementsysteme liegt darin begründet, dass die durch Hierarchien und autoritären Führungsstilgekenn zeichneten klassischen Führungskonzepte nicht mehr den gewünschten (wirtschaftlichen) Erfolg erzielten. Die Organisationen standen vor den Herausforderungen eines rasanten technologischen Wandels, kritischer werdenden Kunden, wachsenden Konkurrenzdrucks und vor allem des Motivationsverluste seitens der Beschäftigten. Als Antwort auf diese Herausforderungen sollen moderne Führungskonzepte stehen, die Beschäftigte nicht nur als Kostenfaktor, sondern als Leistungsträger betrachten. Die Motivation der Beschäftigten soll erhalten und möglichst erhöht werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen sich wieder mit ihrer Arbeit und mit ihrem Unternehmen identifizieren. Ihre Kreativität, Erfahrung und Ideen sollen systematisch genutzt werden, so dass Arbeitsqualität, -effektivität und -effizienz gesteigert werden. Nebenbei wird mit der Einführung moderner Führungsinstrumente der Wunsch verbunden, dass unternehmerisches Denken und Handeln aller Betriebszugehörigen gefördert wird. Soweit die Theorie. In der Praxis hat sich aber auch gezeigt, dass moderne Personalmanagementkonzepte keinesfalls nur mit Chancen für die Beteiligten verbunden sind. Sie bergen auch eine Reihe von Risiken. Insbesondere Mitarbeitergespräche und Zielvereinbarungen, die sich in der Praxis zu den meist angewandten modernen Führungsinstrumenten entwickelt haben, lassen eine Reihe von Herausforderungen und Risiken bei der Umsetzung erkennen. Statt zur verbesserten Zufriedenheit unter den Beschäftigten kommt es mitunter zu Mobbingfällen, gegenseitigem Misstrauen, Frustration, Erhöhung des Krankenstandes und den damit einhergehenden Qualitätsverlusten (vgl. Geffken 2007). Diese Entwicklungen sind auf unterschiedliche Art und Weise begründbar. Vielfach werden Mitarbeitergespräche mit Zielvereinbarungen unter dem Vorwand eingeführt, dass die Beschäftigten ab sofort mehr Entscheidungsspielräume erhalten sollen. Gleichzeitig werden sie jedoch in hohem Maß in ihrer Arbeitstätigkeit kontrolliert. In Einzel und Teamgesprächen sollen die Beschäftigten über eine Verbesserung ihrer Arbeitsqualität nachdenken, aber sich zugleich bewusst sein, dass sie im Grunde genommen das zu tun haben, was Führungskräfte von ihnen erwarten. Anders ausgedrückt: Moderne Führungsinstrumente sollen in alte, klassische Führungskonzepte eingebettet werden. Ob das funktioniert ist jedoch fraglich. Zudem liegen die Ursachen von negativen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Einführung von Mitarbeitergesprächen und Zielvereinbarungen auch im Verhalten der einzelnen Beschäftigten. Die Aus sicht auf individuelle Freiheiten und Entscheidungsspielräume kann dazu verleiten, allzu große Versprechungen und Zugeständnisse hinsichtlich Leistungssteigerungen und Zielerreichungshöhen zu machen. In der Konsequenz kommt es zur Leistungsverdichtung. Insbesondere wenn mit dem Erreichen und Nichterreichen von Zielen positive oder negative Auswirkungen im persönlichen Arbeitsbereich verbunden sind (z.B. Personalentwicklung, zusätzliches Entgelt, beruflicher Aufstieg, Abmahnungen, (Änderungs-)Kündigungen), lassen sich Neid und Missgunst sowie wachsender Konkurrenzdruck unter den Beschäftigten nur schwer vermeiden. Inzwischen haben auch zahlreiche Tarifparteien die Führungsinstrumente Mitarbeitergespräch und Zielvereinbarung, vor allem im Zusammenhang mit dem Leistungsentgelt, entdeckt und in tarifvertragliche Regelungen aufgenommen. So überträgt §17 Abs.4 ERA den Betriebsparteien die Aufgabe, Einzelheiten bei der Leistungsentlohnung in Betriebsvereinbarungen zu regeln. Die Ermittlung der Leistungsergebnisse einzelner Beschäftigter oder von Beschäftigtengruppen erfolgt hierbei durch den Vergleich von Zielvereinbarung und Zielerfüllung. Zielvereinbarungen setzen, wie der Name schon sagt, ein Mitarbeitergespräch zur Vereinbarung der Ziele zwischen Führungskraft und Mitarbeiter voraus. Nach den Bestimmungen des ERA dürfen die Vereinbarungen zwar nicht individuell erzwungen werden, aber dennoch akzeptiert der Tarifvertrag das Zielvereinbarungssystem und bewirkt damit voraussichtlich die flächendeckende Einführung des Zielmanagements in der Metallindustrie. Ganz ähnlich verhält es sich in den öffentlichen Verwaltungen und mit dem dort geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)