BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen Mobilität. Work-Life-Balance, Freizeitgesellschaft, Individualisierung. Arbeitsmarktprojektionen werden sowohl in Deutschland als auch international als Instrumente der Politikberatung verwendet, um mögliche, nicht gewünschte Entwicklungen im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt aufzudecken und ihnen gegebenenfalls durch zielgerichtete Konzepte entgegenwirken zu können. Mit der Grundvorstellung, Projektionen auf eine theoriefundierte und empirische Basis zu stellen, entstand 2007 das Kooperationsprojekt des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit zu ''Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen (QuBe)'' unter Mitwirkung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH (GWS). Für die mittlerweile dritte Welle (2014) der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen wurde der nächste logische Schritt einer Projektion von Arbeitskräfteangebot und -bedarf vollzogen: die Erweiterung der Methoden und der Modellstruktur hin zu einer Verknüpfung der Bedarfs- und Angebotsseite. Nicht beabsichtigt war es, ein Gleichgewicht des Arbeitsmarktes als notwendiges Ergebnis von Lohn- und Beschäftigungsveränderungen zu postulieren, vielmehr sollten unterschiedliche Anpassungsmöglichkeiten und deren Wirkungsweisen aufgezeigt werden. Mit der dritten Welle ist im Sinne der BIBB-IAB-Projektionen eine Fortschreibung von in der Vergangenheit beobachteten Trends im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt vorgenommen worden (Maier u. a. 2014a). Grundsätzlich basiert das Modell auf empirisch ermittelten Verhaltensweisen. Lassen sich für bestimmte Größen keine Verhaltensweisen empirisch nachweisen oder keine Trendentwicklungen identifizieren, wird der Status quo fortgeschrieben. Dies ermöglicht zum einen ein transparentes Vorgehen, da die Veränderungen und deren Auswirkungen so mit für jedermann sichtbar werden, und zum anderen gewährleistet dieses Vorgehen eine Projektion, die aufzeigt, wie der Arbeitsmarkt sich bei Beibehaltung derzeitiger und vergangener Verhalten in Zukunft entwickeln könnte. Zeigen die Projektionen bezogen auf politische oder sonstige Ziele ''unerwünschte'' Ergebnisse, dann sind die Verhaltensweisen identifizierbar, auf die diese Entwicklungen zurückgehen. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte für politische Handlungsempfehlungen. Die Grundlagen der Basisprojektion der dritten Welle der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen sind im Einzelnen transparent dokumentiert worden (Maier u. a. 2014b). Alternative Überlegungen über mögliche anderweitige Entwicklungen sind hierbei nicht auszuschließen. Sie sind allerdings an einer Basisprojektion zu spiegeln, um so die Effekte und Wirkungsweisen nachzuvollziehen, die durch eine Abkehr vom Bisherigen entstehen können. Im Folgenden werden die zentralen Trends - übergeordnete Einflussfaktoren - für mögliche alternative Szenarien im QuBe-Modell beschrieben. Grundlagen dafür sind in Wissenschaft und Politik breit diskutierte Megatrends (vgl. z.B. Green Tech 3.0 (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU 2012)) und Zielsetzungen (vgl. Statistisches Bundesamt 2014a) als politische Vorgaben. Diese bilden die Grundlage für die Komponenten. Wir folgen dabei dem Ideal einer Gesellschaft mit einer prosperierenden Wirtschaft, einer alternden und mobileren Bevölkerung und einer zunehmend sozial gerechteren Verteilung. Auch andere Konstellationen sind denkbar und nicht unwahrscheinlicher. Es geht aber in diesem Beitrag weniger um die Frage, wie die Zukunft am wahrscheinlichsten aussehen wird, sondern vielmehr darum, die Spannweite von Szenarien abzubilden, die zentralen Trends zu benennen und zugleich die Leistungsfähigkeit des QuBe-Modells für die Modellierung solcher Szenarien vorzustellen. Zu den langfristig wirkenden Megatrends gehören die Globalisierung, der technologische Fortschritt, der demografische Wandel (national und international), der starke Anstieg an akademischen Abschlüssen, die Ressourcenknappheit oder auch der Klimawandel. Diese Schlagworte verändern derzeit die bildungs- und berufsbildungspolitischen Diskussionen (z.B. Projekt des Umweltbundesamtes zu dem Thema Qualifikationen des Umweltschutzes, build up skills, Workshop des IAB zu dem Thema ''Greening Economy - Arbeitsmarkt und Beschäftigung in Zeiten der Energiewende'', ''Green Economy''-Konferenz des BMUB und BMBF im November 2014). Dahinter verbergen sich Prozesse, die zwar einzeln beschrieben, jedoch in ihrer Komplexität und Wechselwirkung nur begrenzt erfasst werden können. Einige davon sind bereits in der Vergangenheit ablesbar und auch schon in der aktuellen dritten Welle der QuBe-Basisprojektion enthalten (z.B. Rente mit 67 Jahren, Lohnsteigerungen, Erhöhung der Erwerbsquoten von Älteren und Frau
en, eingeschränkte Zuwanderung). Diese sollen im folgenden Beitrag aus theoretischer und empirischer Sicht kurz skizziert und hinsichtlich ihrer zukünftigen Wirkung diskutiert werden. Denn auch bereits beobachtbare Entwicklungen können sich zukünftig verstärkend oder abgeschwächt fortsetzen oder aber auch abweichende Entwicklungen einschlagen. Andere Megatrends (z.B. Ökologisierung, Work-Life-Balance) sind in der Vergangenheit nur schwer empirisch identifizierbar. Sie sind politische Zieloptionen, die sich verstärkt erst in den kommenden Jahren auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen werden. Sie können aber auch als ökonomische, soziale oder naturgebundene Faktoren bezeichnet werden, deren Auftreten derzeit noch nicht empirisch nachweisbar ist, die aber zukünftig als wahrscheinlich relevante Faktoren diskutiert werden. Die Megatrends werden in drei Kategorien eingeteilt. Unter der Überschrift ''Demografie'' werden nationale und internationale demografische Veränderungen diskutiert. Ferner werden die Themen Gesundheit, Urbanisierung und Mobilität behandelt. Die Kategorie schließt mit dem Thema Work-Life-Balance ab. Es folgt Ökonomie als Leitthema. Darunter werden die Globalisierung, die nächste industrielle Revolution ''Industrie 4.0'', der Klimawandel und die Nutzung von knappen Ressourcen zusammengefasst. Letztlich werden unter dem Schlagwort ''Arbeitsmarkt und Partizipation'' soziale Gerechtigkeit, Qualifizierung und Selbstvermarktung diskutiert