Wer muss die Kosten für ein Bewerbungsgespräch tragen?

Wer muss die Kosten für ein Bewerbungsgespräch tragen?

Die Arbeitssuche ist oftmals sehr zeitaufwendig. Mit dem Finden passender Stellenanzeigen, dem Verfassen

bzw. Verschicken der individuell erstellten Bewerbung bis hin zu einem etwaigen Vorstellungsgespräch

können Wochen - wenn nicht sogar Monate - ins Land gehen.

Gerade beim Bewerbungsgespräch entstehen darüber hinaus auch immer wieder immense Kosten,

z.B. Fahrtkosten oder Ausgaben für Verpflegung und Übernachtung.

Muss der potenzielle Arbeitgeber diese Aufwendungen erstatten?

Grundsatz: Arbeitgeber muss zahlen

Eine explizite Regelung für den Ersatz von Vorstellungskosten gibt es nicht.

Nach den §§ 662, 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann

der Bewerber unter bestimmten Voraussetzungen jedoch die Kosten verlangen, die er für erforderlich halten durfte.

Aber: Der Arbeitgeber muss nur zahlen, wenn er die Anfahrt des Bewerbers veranlasst hat.

Er muss den Arbeitssuchenden also explizit zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen

oder sich mit einem Treffen einverstanden erklärt haben.

Erscheint der Arbeitssuchende dagegen unaufgefordert - z.B. nach Lesen der Stellenanzeige -,

kann er keine Bewerbungskosten vom potenziellen Arbeitgeber verlangen.

Eine Zahlungspflicht des Chefs entfällt ebenfalls, wenn der Arbeitssuchende - z.B. aufgrund falscher Angaben

in der Bewerbung - zwar zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, für die Stelle aber objektiv ungeeignet ist.

Er durfte die Kosten dann nicht für erforderlich halten, weil er genau wusste,

dass er die verlangte Tätigkeit nicht ausüben kann.

Wie hoch dürfen die Bewerbungskosten sein?

Auch wenn der Arbeitgeber die Vorstellungskosten in der Regel tragen muss,

so kann er eine Zahlung in bestimmten Fällen dennoch ablehnen - nämlich wenn die Aufwendungen

nicht erforderlich bzw. nicht Folge der Einladung zum Bewerbungsgespräch bei ihm waren.

Das bedeutet: Die Kosten müssen im Zusammenhang mit dem konkreten Vorstellungsgespräch angefallen sein.

Das ist der Fall, wenn der Bewerber für die Anreise zu dem betreffenden Gespräch Fahrttickets erwerben musste.

Das muss er jedoch nicht, wenn er bereits eine gültige Fahrkarte - z.B. die BahnCard 100 - besitzt,

die er für die Anfahrt nutzen kann. Die Ausgaben für diese Karte hätte er auch

ohne die Einladung zum Bewerbungsgespräch tätigen müssen.

Deshalb muss der Arbeitgeber hier auch keine fiktiven Fahrtkosten erstatten.

Erwirbt der Inhaber einer solchen Dauerkarte für den betreffenden Tag ein Extraticket,

sind die Kosten ebenfalls nicht vom Arbeitgeber zu tragen - sie wären schließlich

nicht erforderlich gewesen (Arbeitsgericht - ArbG - München, Endurteil vom 07.10.2014, Az.: 14 Ca 7743/14).

Ansonsten gilt unter anderem der Grundsatz: Je höher die angestrebte Position,

desto höher können die zu erstattenden Fahrtkosten sein.

Es muss jedoch immer einzelfallabhängig geprüft werden, ob die Ausgaben erforderlich waren.

Bus- und Bahnkosten

In der Regel werden Kosten von Bus- oder Bahnreisen in der zweiten Klasse als erforderlich angesehen.

Bewirbt sich jemand allerdings auf eine Führungsposition - z.B. als Manager -,

in der man geschäftlich auch noch viel reisen muss, kann der Arbeitssuchende auch die Übernahme

von Bahnkosten für die erste Klasse vom potenziellen Arbeitgeber verlangen.

Kfz-Kosten

Die Anfahrt mit dem Privatwagen kostet auch - nämlich Benzin und Verschleiß des Kfz.

Bewerber dürfen diese Kosten daher ebenfalls vom Arbeitgeber verlangen.

Der Umfang der Aufwendungen wird nach den steuerrechtlichen Vorschriften

zu Dienstfahrten mit dem eigenen Kfz ermittelt. Der Bewerber darf also pro gefahrenen Kilometer 35 Cent verlangen.

Doch Vorsicht: Wie auch im Steuerrecht muss hier generell die kürzeste bzw. sicherste

und verkehrsgünstigste Strecke als Berechnungsgrundlage herangezogen werden.

Ab- bzw. Umwege sind bei der Berechnung der Kosten in aller Regel nicht zu berücksichtigen.

Flugkosten

Mittlerweile kommt es gelegentlich vor, dass Bewerber mit dem Flugzeug zu einem Bewerbergespräch anreisen.

Manchmal kostet das Ticket sogar weniger als eine Bahnkarte.

Dennoch ist nach wie vor umstritten, ob der Arbeitssuchende die Kosten für ein Flugticket für erforderlich halten darf.

Teilweise wird verlangt, dass der Arbeitgeber die Anreise per Flieger zuvor abgesegnet haben muss,

um zahlungspflichtig zu sein. Schließlich wäre es dem Bewerber auch zumutbar,

innerhalb von Deutschland per Bus, Bahn oder Kfz zu reisen - was in der Regel günstiger sein wird.

Ist der Flug dagegen billiger als ein Bahnticket, die zu besetzende Stelle bedeutsam bzw. gut bezahlt,

kann sich im Einzelfall auch eine Zahlungspflicht des Chefs ohne vorherige Absprache ergeben

(ArbG Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2012, Az.: 2 Ca 2404/12).

Um sicherzugehen, sollte der potenzielle Arbeitgeber

aber vor Antritt der Reise stets auf Ersatz von Flugkosten angesprochen werden.

Verpflegungs-/Unterkunftskosten

Auch hier gilt: Der Bewerber muss die Kosten für erforderlich halten dürfen.

So ist z. B. eine Übernachtung in der Nähe des ausgeschriebenen Arbeitsplatzes nicht nötig,

wenn der Bewerber ohnehin im Umkreis wohnt oder eine An- und Abreise trotz großer Entfernung am selben Tag

zumutbar wäre, etwa weil das Gespräch um die Mittagszeit stattfinden soll.

Muss der Bewerber dagegen erst eine lange Anfahrt in Kauf nehmen und morgens um 8 Uhr

beim Arbeitgeber aufschlagen, darf er tags zuvor anreisen

und sich eine angemessene Unterkunft auf Kosten des Chefs in spe suchen.

Welche Kosten hier erforderlich sind, hängt wiederum vom Einzelfall ab,

also unter anderem von der Bedeutung der zu besetzenden Stelle.

Ausschluss der Zahlungspflicht möglich?

§ 670 BGB ist keine zwingende Vorschrift. Der Arbeitgeber kann also eine Übernahme der Bewerbungskosten

ausschließen, z.B. mit einem ausdrücklichen Hinweis in der Stellenanzeige.

Spätestens mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch sollte er jedoch dem Bewerber anzeigen,

dass er keine Kosten übernehmen will. So könnte er etwa schreiben:

''Bitte haben Sie Verständnis, dass wir die Ihnen entstehenden Vorstellungskosten nicht übernehmen werden''.

Auch sind Vereinbarungen möglich, wonach der Arbeitgeber sich nur in einem bestimmten Rahmen

zur Übernahme der Bewerbungskosten verpflichtet,

er also z.B. nur die Kosten von Reisen in der zweiten Klasse oder mit bestimmten Verkehrsmitteln erstattet.

Auch diese Erklärung sollte vom Arbeitgeber bereits in die Einladung aufgenommen werden.

Erstattung nur bei Vertragsschluss?

Sofern der Arbeitgeber eine Zahlungspflicht nicht explizit ausgeschlossen hat, muss er jedem Bewerber,

den er zu einem Gespräch eingeladen hat, die erforderlichen Vorstellungskosten erstatten.

Der Abschluss eines Arbeitsvertrags ist somit keine Voraussetzung für den Zahlungsanspruch des Bewerbers.

Fazit: In der Regel muss der potenzielle Arbeitgeber die Vorstellungskosten

der Bewerber tragen - das gilt aber nicht immer.

Aus diesem Grund sollte noch vor dem Vorstellungsgespräch zwischen den Parteien geklärt werden,

ob und inwieweit der Arbeitgeber die Aufwendungen erstattet.

Quelle

bewerberAktiv

Datum der Aktualisierung

08.04.2024

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