Haftung von Arbeitnehmern
Die Haftung des Arbeitnehmers für Schäden, die in Erfüllung seines Arbeitsverhältnisses entstehen,
ist im Arbeitsrecht gegenüber den im sonstigen Schuldrecht geltenden Grundsätzen erheblich modifiziert.
Dies resultiert aus dem von Arbeitgeberseite zu tragenden Betriebsrisiko,
wonach ihm die mit der Organisation seines Betriebes verbundenen Risiken auferlegt werden.
Bei der privilegierten Arbeitnehmerhaftung handelt es sich um einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht,
von welchem weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann.
Anwendungsbereich
Dem persönlichen Anwendungsbereich der beschränkten Arbeitnehmerhaftung unterfallen
neben den Stammbeschäftigten und Auszubildenden auch die in einem Leiharbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer,
soweit es um Schadensersatzansprüche des entleihenden Arbeitgebers geht.
Demgegenüber können sich freie Mitarbeiter sowie arbeitnehmerähnliche Personen, die nur in wirtschaftlicher,
nicht jedoch in persönlicher Abhängigkeit zum Arbeitgeber stehen, nicht auf das Haftungsprivileg berufen.
Die Grundsätze der beschränkten Haftung kommen auch dann zur Anwendung,
wenn der Arbeitnehmer Deckungsschutz durch eine Versicherung beanspruchen kann,
sofern es sich um eine freiwillig abgeschlossene handelt.
Demgegenüber können die besonderen Maßstäbe dann keine Geltung beanspruchen,
wenn zu Gunsten des Arbeitnehmers eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung eingreift.
Haftungsvoraussetzungen
Voraussetzung für eine Haftung ist zunächst,
dass dem Arbeitnehmer eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann.
Eine Haftungsbeschränkung entsprechend dem Grundsatz des sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleichs
kommt dem Arbeitnehmer immer dann zugute, wenn der Schaden bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden ist.
Dies ist bei einer solchen Tätigkeit der Fall, welche dem Mitarbeiter
arbeitsvertraglich übertragen oder im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausgeführt wird.
Umfang der Haftung
Der Umfang der beschränkten Arbeitnehmerhaftung lässt sich letztlich anhand einer einzelfallbezogenen Abwägung
der gesamten Umstände ermitteln, wobei als maßgebliches Kriterium
der dem Arbeitnehmer zur Last fallende Grad seines Verschuldens entscheidend ist.
Bei vorsätzlichem Handeln hat der Arbeitnehmer den entstandenen Schaden stets alleine zu tragen.
Berücksichtigt werden muss hierbei jedoch, dass sich das vorsätzliche Handeln nicht nur auf eine Pflichtverletzung,
sondern vielmehr auch auf den Eintritt eines konkreten Schadens beziehen muss.
Auch im Falle grober Fahrlässigkeit trifft den Arbeitnehmer in der Regel die volle Ersatzpflicht.
Von grober Fahrlässigkeit ist dann auszugehen, wenn die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt in einem ungewöhnlich hohen und nicht mehr entschuldbaren Maße verletzt wurde.
Allerdings kann mittlerweile auch im Rahmen der Haftung
bei grober Fahrlässigkeit im Einzelfall eine Haftungsbeschränkung vorgenommen werden.
Eine solche ist insbesondere bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen Vergütung und Schaden bzw. dann möglich,
wenn der Arbeitnehmer mit einem besonderen Schadensrisiko belastet wird.
Wird dem Arbeitnehmer mittlere Fahrlässigkeit zur Last gelegt, hat er also infolge eines Sorgfaltsverstoßes
einen voraussehbaren und vermeidbaren Schadenseintritt herbeigeführt,
so sind die Haftungsanteile des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers nach Quoten zu bestimmen.
Diese Quotenbildung richtet sich nach Billigkeits- und Zumutbarkeitserwägungen.
Hierzu gehören neben dem Grad des Verschuldens auch die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit,
die Organisationsverantwortung des Arbeitgebers bezüglich der Betriebsabläufe, die Schadenshöhe,
ein vom Arbeitgeber durch Versicherung abdeckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb
und die Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie die Höhe seines Arbeitsentgelts.
Bei leichter Fahrlässigkeit ist der Schaden in voller Höhe vom Arbeitgeber zu tragen.
Fehlgeldabrede (Mankohaftung)
Um einen Sonderfall der Arbeitnehmerhaftung geht es, wenn dem Arbeitgeber dadurch ein Schaden entsteht,
weil der einem Arbeitnehmer anvertraute Waren- oder Kassenbestand eine Fehlmenge aufweist.
Die Mankohaftung des Arbeitnehmers wird oftmals
zum Gegenstand besonderer vertraglicher Absprachen, sogenannter Mankoabreden, gemacht.
In ihnen übernimmt der Arbeitnehmer meist entweder eine verschuldensunabhängige Haftung
oder jedenfalls eine solche für jedes, auch leichtes, Verschulden.
Die Zulässigkeit solcher Mankoabreden wird allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Die Haftung kann nur für Fehlbeträge festgelegt werden, die ausschließlich in Bereichen entstehen,
in denen der Arbeitnehmer alleinigen und unbeobachteten Zugriff auf Geld oder andere Wertgegenstände des Arbeitgebers hat.
Die Mankoabrede muss ein angemessenes Mankogeld (Fehlgeldentschädigung) für den Arbeitnehmer vorsehen.
Die Mankohaftung darf somit grundsätzlich nur zum Verlust des zusätzlich gezahlten Mankogeldes führen.
Eine darüber hinausgehende Schadensersatzpflicht besteht nicht.
Eine Vereinbarung dahingehend, dass Vorsatztaten nicht der Mankoabrede unterfallen, ist allerdings zulässig.
Darlegungs- und Beweislast
Dem Arbeitgeber obliegt es, neben den objektiven Voraussetzungen der Pflichtverletzung
auch das Maß des Verschuldens des Arbeitnehmers
sowie den Eintritt und Umfang eines ihm entstandenen Schadens darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen.
Der Arbeitnehmer hat demgegenüber seinerseits das Vorliegen der Voraussetzungen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung
darzulegen und zu beweisen, dass der Schaden bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit verursacht wurde.
Im Falle des Bestehens einer wirksamen Mankoabrede
ist der Arbeitgeber für das Vorliegen der darin normierten Haftungsvoraussetzungen,
wie alleiniger Zugang zum verwalteten Bestand sowie Eintritt eines Mankos, darlegungs- und beweispflichtig.
Personenschäden an Arbeitskollegen
Bei Personenschäden, die ein Arbeitnehmer an Arbeitskollegen verursacht,
greift ein gesetzlich geregelter vollständiger Haftungsausschluss (§ 105 SGB VII) unter folgenden Voraussetzungen ein:
-
ein Kollege des Arbeitnehmers wird bei einem Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) verletzt,
-
der Arbeitnehmer hat den Arbeitsunfall nicht vorsätzlich herbeigeführt,
-
es handelt sich nicht um einen sog. Wegeunfall gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1-4 SGB VII (auf dem Weg von oder zur Arbeitsstelle),
-
der Unfall ereignete sich in Ausübung betrieblicher Tätigkeit (keine private Auseinandersetzung).
Liegen diese Voraussetzungen vor, so besteht weder ein Schmerzensgeldanspruch
noch ein Schadensersatzanspruch des Kollegen gegenüber dem Arbeitnehmer.
Der verletzte Kollege hat dafür seinerseits Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Bei mindestens grob fahrlässigem Verhalten des Arbeitnehmers kann die Berufsgenossenschaft
u.U. Rückgriff bei diesem nehmen, muss dabei aber ihrerseits dabei
auf die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitnehmer Rücksicht nehmen, § 110 Abs. 2 SGB VII.
Abdeckung der Schäden durch Versicherungen
Die Versicherbarkeit des Schadens hat große Bedeutung für die Bestimmung des Haftungsumfangs.
Gegebenenfalls bestehende Versicherungen (Betriebshaftpflicht, Feuerversicherung etc.)
muss der Arbeitgeber zuerst in Anspruch nehmen, bevor er Regress vom Arbeitnehmer fordern kann.
Ferner muss sich der Arbeitgeber so behandeln lassen, als hätte er zumutbare und übliche Versicherungen abgeschlossen
(z.B. Vollkaskoversicherung für Dienst-Pkw, Betriebshaftpflicht).
Die Haftung des Arbeitnehmers ist bei Fahrzeugschäden daher auf die übliche Selbstbeteiligung reduziert.
Da Kfz-Versicherungen nur bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmer bei diesem Regress nehmen können,
bleibt es daher in der Regel außerhalb von Fällen der groben Fahrlässigkeit bei dieser Selbstbeteiligung.
Schadensberechnung
Eigene Steuervorteile muss sich der Arbeitgeber anrechnen lassen.
Bei Vorsteuerabzugsberechtigung darf die Mehrwertsteuer bei der Schadensberechnung nicht mit berücksichtigt werden.
Ein eventuell eigenes Mitverschulden des Arbeitgebers
(z.B. Erzeugung von Termindruck, Überforderung des Arbeitnehmers) wird hierbei ebenfalls individuell berücksichtigt.
Haftung im Außenverhältnis
Schädigt der Arbeitnehmer schuldhaft einen außen stehenden Dritten bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung,
ist er diesem gegenüber grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet.
Aber, soweit der Arbeitnehmer im Innenverhältnis zum Arbeitgeber nicht haften würde,
hat er seinerseits einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf entsprechende Freistellung im Außenverhältnis.
Eventuell vom Arbeitgeber mit dem Dritten vereinbarte Haftungsbegrenzungen (z.B. in AGB)
gelten dabei auch im Verhältnis zum Arbeitnehmer.
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